Mittwoch, 2. November 2005

Alfred Jodl, Generaloberst,

Tragödie des absoluten Gehorsams

GeneralJodl

Alfred Jodl - Hitlers militärischer Berater

Von Bodo Scheurig

Alfred Jodl - Generaloberst, Chef des Wehrmachtführungsstabes und 1946 in Nürnberg durch den Strang hingerichtet - verkörpert den Jammer oder die Tragödie des absoluten Gehorsams. Ursprünglich Opponent Hitlers und ein herausragender Generalstabsoffizier des Reichsheeres, verstrickten ihn später Amt und eine Gläubigkeit, die sich auch gegen klare militärische Erkenntnisse behauptete. Wenn er trotzdem - und zwar als einziger in Hitlers unmittelbarer Umgebung - einer Auseinandersetzung wert bleibt, so vor allem deshalb, weil er dem Diktator auch schroff, mit hochfahrender Schärfe widersprach und die Aufkündigung der Genfer Konvention zu verhindern wußte. Sein Charakterbild - geprägt durch tiefgreifende, unauflösbare Widersprüche - stellt namentlich den Historiker vor Rätsel.

Jodl war als Chef des Wehrmachtführungsstabes ersetzbar, vor allem durch vollkommen Unterwürfige, aber Hitler verweigerte seine vorgesehene Ablösung, nachdem der präsumtive Nachfolger Paulus in Stalingrad geblieben war. Hitler hielt Jodl, auch wenn er diesem Berater hartnäckig grollte, während der Kaukasus-Krise 1942 nicht zu ihm gehalten zu haben. Selbst Eisigkeit im Umgang schien dem Diktator willkommener, als neue, unbekannte Gesichter an seinen Kartentisch zu ziehen. Und instinktiv ging er, von sich aus, wohl die richtigen Wege. So kühl und gespannt seit der Kaukasus-Krise 1942 die meisten seiner Lagebesprechungen waren, die gewohnte Riege ertrug jede Schroffheit, alle Stiche. Trotz anhaltenden Grolls durfte er glauben, daß ihre Loyalität ungebrochen war. Von Torturen seiner Umgebung erfuhr er nichts. Einsprüche veranlaßten ihn, wenn überhaupt, nur zu belanglosen Abstrichen. Wie zuvor entschied und befahl sein Wille.

Jodl fügte sich, drang auf keine Ablösung; vorab aus mangelndem Antrieb, der seine Loyalität bezeugte. Der Preis war bitter, vielleicht auch Anlaß zu trüben Gedanken: das Kommando über eine Gebirgsjäger-Armee - Wunsch nicht nur des Herzens - blieb ihm verwehrt. Um so mehr vergrub er sich in die "Operative Führung", emsig bemüht, diesen Bereich gegen "fremde" Sachverhalte abzuschotten. Weniger denn je wollte er sein Arbeitsfeld ausweiten, sondern lediglich das militärische Tagewerk tun. Bewußt mied er, was "unnötig" verstörte. Fast schien es, als sähe er jenseits seiner gewiß randvollen Pflichten weg. Politik - Korrelat gerade der operativen Kriegführung - schob er von sich. Sie, meinte er, überschaute er nicht, war nie sein Feld. Mochte ihm Schärfe des Verstandes zeitweise sagen, daß er, in zu engen Fesseln, Selbsttäuschungen hegte: Politik sollte und würde Hoffnungen lassen. Schon aus Schutzgründen vertraute er dem Staatslenker Hitler, dessen höherer Einsicht oder besserem Wissen.

Es schien ihm unangemessen, Bedenken oder gar Kleinmut zu zeigen. Ein fester gläubiger Durchhaltewille stand für ihn über allem. Möglich, daß er die Ursachen des Zusammenbruchs von 1918 auch jetzt noch nicht richtig wertete. Im Willen, intakte Moral zu überschätzen, ja, ihr höchsten Eigenwert zuzumessen, blieb er HitIer allzu nahe. Schwankende Siegeszuversicht in Akten und Vorlagen verleitete ihn zu empörten, einschüchternden Randbemerkungen. Bis zuletzt nannte er Lauheit selbst bei höchsten Rängen behende Defaitismus. Warlimont (General Walter Warlimont, Stellvertretender Chef des Wehrmachtführungsstabes im OKW) hörte - bei einem Anlauf zu kritischer Aussprache - Drohungen mit dem Konzentrationslager.

Jodl wollte gewissenhafte, stets "funktionierende" Zuarbeiter, keine, die in Versuchung kamen, Skepsis hinsichtlich der Kriegslage auch nur anzudeuten. Was zu entscheiden und "ganz oben" zu sagen war, wünschte er selbst zu entscheiden und "ganz oben" zu sagen. Jede mögliche Kompetenz seines Bereiches hatte er Zug um Zug an sich gezogen, ein wirklich vertrauensvolles Verhältnis oft urteilsfähiger Offiziere zu ihrem Chef gleichsam unterbunden. Der Wehrmachtführungsstab war und sollte Jodls eigenes Hilfsbüro sein, das strikt militärische Tagespflichten erfüllte. Der Stab schien je länger, desto mehr passend auf ihn zugeschnitten.

Die vermutlichen Nachteile seines Unwillens, andere als dienstliche Belange zu erörtern, bekümmerten ihn kaum oder ertrug er wohl in dem Glauben, zusätzlicher Erleuchtungen nicht bedürftig zu sein. Die Masse der Unterlagen auf seinem Schreibtisch, mochte er meinen, gewährte ihm hinreichend Überblick. Die Schlüsse seines Denkens, das nicht aufhörte, gingen niemand etwas an. Unwahrscheinlich, daß selbst rückhaltlose Aussprachen unter vier oder mehr Augen seine äußere Haltung geändert hätten. Er hatte im Hauptquartier nur einen Vertrauten: Walter Scherff, den Beauftragten für die Kriegsgeschichtsschreibung, als ergebener Hitler-Anhänger eher eine fragwürdige Adresse. Zu Scherff sprach er von Sorgen, auch über die schändliche Behandlung der gefangenen Rotarmisten, die sein ursprüngliches Ehrgefühl beleidigte. Sonst blieb es bei selbstverordneter, unüberbrückbarer Distanz. Noch weniger drängte ihn seine Schweigsamkeit zu Ansprachen vor dem Stab und anderen Gremien, am wenigsten zu Reden über die instinktiv gemiedene "Politik". Hatte er freilich zu sprechen, wählte er - nach nüchternen Analysen - martialische Schlußworte, die namentlich Sachkenner bestürzen, ja, zu abfälligen Urteilen verführen mußten. Bedenken oder gar Kleinmut sollten, durften sich nicht in des Führers "Gefolgschaft" regen.

Die Opfer des Krieges schmerzten ihn, er verstand Trauer und wußte einfühlend zu trösten, aber gerade im Familienkreis beharrte er bei Klagen auf Unbeugsamkeit, auch wenn er wie sonst den Verstand kaum zu überzeugen vermochte. Als ihn - etliche Monate nach Stalingrad - Luise von Benda fragte, ob nicht der Krieg zu beenden sei, um die Substanz des Reiches zu erhalten, wies er sie "fast mit Schärfe zurecht". Noch in einem Brief sprach er von der Notwendigkeit, durch dick und dünn zu verfechten, daß "wir diesen Krieg gewinnen". "Helden gibt es nur wenige, nur sie kämpfen bis zum Tode. . . Die Masse kämpft nur, solange sie an die Möglichkeit eines Erfolges glaubt. Sieht sie ihn nicht mehr, sucht sich jeder einen bequemen Ausweg, mit dem er dann seinen niedergebrochenen Willen oder seine Feigheit bemäntelt. Wer glaubt, daß man jetzt Frieden machen muß, der erfindet die Ausrede von der Erhaltung der Substanz und will damit nicht sehen, daß er überhaupt alles der Vernichtung preisgibt." Erst während des Nürnberger Prozesses schrieb er, daß diese Kontroverse nur deshalb aufgekommen sei, weil sie in ihm eine schon "wunde Stelle berührt" habe, "die niemand merken durfte". "Sorge um den Kriegsausgang" verbarg er, Mitte 1943, sogar gegenüber seiner Frau; ihren "Idealismus" wollte er zuallerletzt "zerstören".

Seine Fama im Heer war gefärbt durch die Reizworte "Oberkommando der Wehrmacht", in dem man - oft genug - eine frontfremde Befehlsorganisation erblickte und zu der er offensichtlich unablösbar gehörte. Er schien geschätzt bei Rommel, Model, Kesselring und Raeder. Niemand erlag der Versuchung, ihn mit Keitel gleichzusetzen. Selbst kritisch denkende Frontstäbe nannten ihn "operativ begabt, einen soliden Könner", aber zugleich und ebenso häufig "hitlerhörig", ja, "hitlerverfallen". Mehr als nur einmal erweckte er selbst solche Eindrücke.

1942, in der "Wolfsschanze", beantragte der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Nord, Generalfeldmarschall von Küchler, die Räumung des Demjansker Frontbalkons, um endlich wieder Reserven für seine Heeresgruppe zu gewinnen. Generalleutnant von Seydlitz-Kurzbach unterstützte ihn, indem er aus eigener Kenntnis die Geländeschwierigkeiten verdeutlichte, die weitere Angriffe zwischen Rshew und Ostaschkow insbesondere mit Panzern unmöglich machten, allein Hitler war - trotz mahnender Frontaufnahmen - nicht zu belehren. Beim Verlassen des Bunkers sagte Jodl zu Seydlitz: "Nach dem, was Sie soeben vorgetragen haben, kann ich Ihnen nur recht geben." Seydlitz erwiderte: "Wie ist es dann aber möglich, daß Sie dem Führer nichts gesagt haben?" Der Chef des Wehrmachtführungsstabes schwieg.

1943, bei einem Besuch in Roccosecca, auf dem Gefechtsstand des XIV. Panzer-Korps an der Nettuno-Front, bat ihn General von Senger und Etterlin, dringliche Ausweichbewegungen zu genehmigen. Wieder ging es, hier unter übermächtigem Feinddruck, um "Aussparung fehlender Reserven": für den Korpsstab eine Notwendigkeit, die "kaum noch zu erörtern" war, zumal die neue Stellung weite Geländeüberblicke bot. Jodl äußerte zu von Senger und Etterlin: "Herr General, Sie haben vollkommen recht, aber der Führer hat es anders befohlen." Derartige Vorfälle hoben schwerlich sein Ansehen, sondern schürten eher Groll, ja, Verachtung. Jeden, auch nur einen Verstoß gegen bessere Einsicht hatte die Truppe mit Blut zu bezahlen.

Um so erwähnenswerter das Urteil des Oberkommandierenden der Lappland-Armee, Eduard Dietl. Nach einem Auffrischungskursus der Universität Königsberg für Offiziere sprach er ungewöhnlich bissig von erlebter Feigheit unter Hochschullehrern. Einer der Professoren - ins Privatquartier Rovaniemi eingeladen - konterte freimütig, daß zur Zeit die Feigheit unter Offizieren weit auffälliger und vor allem viel gefährlicher sei. Er meine, ergänzte der Gelehrte, nicht Feigheit vor dem Feind. "Keine Rede. Aber Feigheit vor dem Führer. Privatim hört man von den Generälen, daß sie militärische Befehle des Führers für hellen Wahnsinn halten. Aber welcher General steht dazu und sagt dies dem Führer, offen heraus, in persona, dienstlich - statt nur hinter seinem Rücken?" Darauf Dietl, ohne Feindseligkeit, beinahe beschwörend: "Sie kennen wahrscheinlich den Führer nicht. Sie können nicht wissen, wie wahnsinnig schwierig es ist, ihm zu widersprechen, mit Erfolg ihm Widerstand zu leisten. Das könnten Sie von unserem Jodl erfahren. Es gibt zwei Jodl, den sogenannten großen und den sogenannten kleinen Jodl. Der kleine Jodl sitzt bei mir, der sogenannte große Jodl sitzt beim Führer. Ich kann Ihnen nur sagen: mein Jodl weiß, daß sein Bruder kein Feigling ist. Wie Sie es eben gemeint haben: der ist tapfer, Tag für Tag, aber ich sag Ihnen: es ist ein Martyrium. 'Sagt's ihm!' Das ist leicht gesagt. Es handelt sich um mehr als Tapferkeit. Stemmkraft, Klugheit, kann ich Ihnen sagen, unausgesetzte, unerhörte Stemmkraft."

Mehr denn je hatte 1945 der Siebenjährige Krieg - erinnern wir uns - als anspornende Parallele herzuhalten. Wie die NS-Propaganda redete Deutschlands Führer davon, daß Friedrich den Großen selbst Aussichtslosigkeit nicht entmutigt hatte, und wie der König mobilisierte er Willenskräfte, deren Fanatismus menschliche Gefühle verleugnete. Durfte man 1762 - konnte sicher auch Hitler fragen - noch für Preußen hoffen? Unbeugsamkeit verriet eher Herostratentum als aristokratisches Ethos. Doch diesmal half kein Tod einer Zarin, sondern war eine übermächtige Feindkoalition ohne Halbheiten zusammengeschmiedet. Diesmal zählten Arsenale und das Ziel der Gegner, einen Aggressor niederzuwerfen und schließlich auszutilgen. Der Fanatismus des Diktators, Rest einer eingebildeten "Mission", zielte ganz ins Leere.

Jodl neigte für sich nicht zu Verstiegenheiten, aber Produkt des Hauptquartiers, verfiel er - bewundernd - weiterhin Hitlers Willenskraft.
Die Felonie seines Obersten Befehlshabers erschloß sich ihm selbst in der Endphase nicht. Plagten ihn je Zweifel, versperrte er sie rigoros: Im Diktator sah er Deutschlands legitimen Herrn, Deutschlands Schicksal. Seine nüchterne militärische Einsicht sagte ihm, daß operativ nichts mehr zu bestellen, geschweige denn zu wenden war. Eine Führung, die hätte führen können, hatte ausgespielt. Doch so bitter, ja, quälend diese Einsicht, kein Rückschlag tilgte gerade in ihm, was seit langem Strategien aufzuwiegen hatte: politische Wundergläubigkeit. Sie wurde wie zuvor zur Rechtfertigung, zur Sinngebung auch des vollends Sinnlosen.

Noch immer erhoffte er den Zerfall des feindlichen Bündnisses. Bei jedem Anzeichen, das auch nur eine Entzweiung andeutete, horchte er auf. Teilnehmer der Lagebesprechungen registrierten, wie sich hier seine sonstige "Maskenhaftigkeit" belebte. Dieser Hoffnungsfaden reichte bis zum Zusammentreffen der Gegner im Herzen Deutschlands, für ihn der Zeitpunkt, zu dem die widernatürliche alliierte Kriegskoalition spätestens zerbrechen mußte.

Jodls und anderer Hoffnung schürte namentlich Hitler, doch der Diktator selbst teilte sie schon vor der Ardennen-Offensive nicht, und offen hatte er inzwischen Illusionslosigkeit geäußert. Sogar die Nation konnte es dokumentarisch nachlesen. In seinem Aufruf an die Deutsche Wehrmacht vom 1. Januar 1945 hob er hervor, daß der unbarmherzige Kampf "um Sein oder Nichtsein" ginge. "Denn das Ziel der uns gegenüberstehenden jüdisch-internationalen Weltverschwörung ist die Ausrottung unseres Volkes." Heute, so weiter, könne "an der Absicht unserer Gegner niemand mehr zweifeln". Sie würde belegt durch Erklärungen der feindlichen Staatsmänner. Was also war - angesichts der eigenen militärischen Lage - noch zu erwarten, wenn nicht die sichere Katastrophe? Jodl hoffte, was er hoffen wollte: auch im Rückblick ein Faktor, der ihn salvieren könnte, aber die durchschaubare Wirklichkeit stempelte seine Haltung zu schierem Irrationalismus. Er hatte - nicht allein aus Kommuniqués - von der Teheraner und Jalta-Konferenz erfahren, Konferenzen, die eine ergrimmte Entschlossenheit bekundeten. Auf seinem Tisch lag "Eclipse", jener Plan, der Deutschlands Aufteilung in drei Zonen ankündigte und die russische Zonengrenze längs der Elbe verlaufen ließ. Konnte er, als Militär, ernstlich glauben, daß den Alliierten der Sieg zu entwinden sei - nun, da sie auf dem Sprung standen, mit erdrückender Übermacht ins Reich einzufallen? Es blieb kein Strohhalm, nur die Rettung aller noch Lebenden oder die Barbarei des letzten Gotenkampfes, die er - in Nürnberg - als "Unmöglichkeit für ein 80-Millionen-Volk" selbst verurteilte.

Der Gang des Krieges, Geschehen des Vordergrundes, gebar zudem eigene "Sinngebungen": Sie, schien es, brauchte sich Jodl nicht einmal einzureden. Er teilte die tiefe Furcht vor dem herandrängenden Bolschewismus und wußte: Wie der Frontsoldat wollte die Zivilbevölkerung im Osten nie in die Hände der Sowjets fallen. So unsinnig indes auch hier Hitlers Taktik, die imstande gewesen wäre, Deutschland durch die Westmächte besetzen zu lassen, Taktik, die freilich sein eigenes Ende beschleunigt hätte: Jodl deckte sie bis zu der Starrheit, die in West und Ost jede noch anwendbare Vernunft verhöhnte. Bei einem Erfolg der Ardennen-Offensive, hörte seine zweite Frau Anfang 1945, "hätten wir verhindern können, was sich jetzt in Ostpreußen abspielt".

Derartige Worte nahmen sich angesichts schon zurückliegender Tatsachen - noch gespenstischer aus. Hitler hatte seit langem aufgehört, Adressat eines Friedensschlusses zu sein. Bereits Anfang 1942 (!) äußerte er zu Jodl, daß der Krieg nicht mehr zu gewinnen sei. Nimmt man ihn beim Wort, hätte er unverzüglich abtreten müssen, um eine politische Lösung freizugeben. Die Wehrmacht konnte, Ziel der Blitzfeldzüge, das Nacheinander ihrer Gegner nicht wiederherstellen; sie stand vor einer ungeschlagenen, nie bezwingbaren Feindkoalition. Das Reich vermochte nur noch zu den besten Bedingungen Frieden zu schließen, Bedingungen, mit denen - so oder so - Hitlers Eroberungen ausgelöscht worden wären. Doch der Diktator weigerte sich, klarer Einsicht zu gehorchen und abzutreten. Staatsmännische Vernunft wich missionarischem Glauben, Politik einem Fanatismus, der selbst die Barbarei des letzten Gotenkampfes erzwingen wollte. Was immer zuletzt Hitler glaubte oder glauben machte, blieb durch sein Bekenntnis von 1942 widerlegt, entwertet.

Die Wehrmachtführung vernahm, daß der Krieg zu liquidieren sei, wenn der Kaukasus, das Donezbecken, die rumänischen Ölfelder und Oberschlesien verlorengingen. Sie setzte auf Ermattungsstrategie im Osten und Westen, die freilich ebenso rasch politisches Handeln verlangte. Begriff sie auch nur ihr eigenes Handwerk, mußte sie den baldigen Abbruch des Krieges ertrotzen. Nichts rechtfertigte sonst weitere Blutopfer an den Fronten. Aber der Diktator verhöhnte, bis zum Kampf um die Reichskanzlei, all seine Kriterien: so, als ob er nie von ihnen gesprochen hätte. Seine Verteidigung jeden Meter Bodens - Strategie der entschlossenen Dummheit - tilgte den Rest der Trümpfe, die Deutschland militärisch nicht verspielen durfte. Der Zusammenbruch - Tragödie des Reiches - nahte mit Riesenschritten. Nach Stauffenbergs Attentat blieb unter dem Diktator: dahinsiechendes Operieren, Schwärze, das Nichts.

Mochte die Wehrmachtführung in der Agonie Gründe finden, um weiterhin auszuharren und Pflichten zu tun: Hitler erniedrigte die Spitzengeneralität zu Robotern. Kampf ohne Glück wurde zum Ausweis der Unfähigkeit und Charakterschwäche. Mehr noch als die Zivilisten hatten die Soldaten des Widerstandes Mühe, den totalen Verrat gültiger Maximen und Ordnungen vorauszusetzen. Was Erziehung, Denk- und Entschlußkraft geboten, mußte um der Nation willen geschehen. Wenn nach 1945 entsetzt, ja, fassungslos auch die Wehrmachtführung gegeißelt wurde, so ist solchen Anwürfen mehr denn je recht zu geben.

Der Bruch erprobter Gesetze raubte dem Frontsoldaten Sicherheit und Geborgenheit. Schutzlos war er sinnlosen Befehlen ausgesetzt, die ihn wie sein Wesen zerrieben und auf die er - 1944/45 - mit Kampf bis zum vorletzten Augenblick zu antworten begann. Das Regime, purer Selbstmagie erlegen, wütete ungehemmt. Es hängte und erschoß schon Laue oder Zögernde; Mannschaften richteten schließlich Offiziere. Terror forderte jenen "Heroismus", den auch sieglose Zukunft nicht schreckte. Der Ausgang ließ die Nation verwüstet und ein Volk zurück, das am Soldatentum zweifeln mußte.

Als Hitler am 22. April 1945 den Krieg selbst für verloren hielt, schien endlich die fürchterlichste Sperre gegen jede Vernunft zu fallen.
Der Besessene gab freie Hand, das massenmörderische Ringen einzustellen, aber gleich Keitel richtete Jodl den Diktator nochmals auf. Die Szene - oft bezeugt - blieb die schlimmste innerhalb der Geschichte des deutschen Offizierkorps. Viele, die hätten überleben können, waren zu weiteren Opfern bestimmt. Keitel eilte zu Wenck, dem Oberbefehlshaber der 12. Armee, um ihn zum Angriff nach Osten anzutreiben. Gemeinsam mit der Armee General Busses, die sich von der Oder absetzte, sollte er Berlin entsetzen und den Führer befreien. Ähnlich Jodls Auftrag für den Norden. Schroff verlangte er von Generaloberst Heinrici, daß dessen Heeresgruppe Weichsel, statt nach Mecklenburg auszuweichen, mit allen verfügbaren Kräften die Reichshauptstadt anzugreifen habe. Heinrici zweifelte an der Zurechnungsfähigkeit Jodls.

Die Debatten der beiden Generalobersten verstiegen sich bis zur Verletzung jeder Form, für Heinrici das "unerträglichste Ereignis" seiner Offizierslaufbahn. Die Rote Armee - hier wie dort übermächtig und nicht mehr zu bremsen - machte den Streit gegenstandslos.

War es Jodls Ziel, die alliierten Fronten in Deutschland aufeinander zurücken zu lassen und Hunderttausende vor dem Bolschewismus zu retten: keine abwegigere Strategie hätte er verfechten können. Dieses Ziel - noch sinnvoll, wenn von Sinn überhaupt die Rede sein durfte - verlangte den flüssigen Rückzug und mit ihm den rechtzeitigen Abschub der Zivilbevölkerung. Nichts hinderte die Wehrmachtführung, das Gebotene, ohne ideologische Scheuklappen organisiert zu tun. Unsinnige, weil aussichtslose Offensivunternehmen verhöhnten, was noch als einleuchtendes Konzept taugen konnte. Wie die Ardennenoffensive bürgte ein Angriff auf Berlin dafür, daß die alliierten Fronten nicht aufeinander zurückten und die Rote Armee erst recht Deutschland überschwemmte: Einsichten, die bereits damals nüchtern Denkende beherrschten, von den Männern des Widerstandes zuvor ganz zu schweigen. Jodls Haltung könnte - allenfalls - krankhaft gewordene Loyalität gegenüber Hitler erklären, Loyalität gegenüber einem schon erloschenen Diktator, der selbst aufgegeben hatte. Mit Kriterien militärischer Führung ist sie nicht zu messen. Sie half nur, die Katastrophe ins Abnorme zu steigern.

In Reims unterzeichnete er, eine Woche nach Hitlers Selbstmord, die bedingungslose Kapitulation aller deutschen Streitkräfte. Jetzt mühte er sich, eigene Fehler ungeschehen zu machen, doch Eisenhower gestand - unwillig, ja, gereizt - lediglich einen Aufschub von 48 Stunden zu.
Dönitz gab sein Einverständnis, in diese Galgenfrist für die Armeen und Zivilisten im Osten einzuwilligen. Tausende konnten den Sowjets noch entkommen. Der Großadmiral, laut Testament neues Staatsoberhaupt, berief Männer seines Vertrauens, Fachleute ohne allzu verstörende braune Färbung; die Kommandoverhältnisse in Flensburg, der letzten Enklave, wurden gestrafft, konzentriert. Hitlers Nachfolger löschte dessen "divide et impera". Wehrmachtführungsstab und Generalstab hörten auf, gegeneinander zu bestehen: überfälliges und nun gespenstisches Ende einer Jammergeschichte, die auch beste Führungsspitzen elendig gemacht hätte.

Jodl übernahm - nach dem Abtransport Keitels - die Geschäfte des OKW. Lagebesprechungen vermittelten seine Richtlinien oder das, was der Stab denken sollte. Er wünschte, in allem Dönitz "als Obersten Befehlshaber der Wehrmacht und nicht als Staatsoberhaupt herauszustellen". Wichtige Absprachen mit den Alliierten wollte er den "interessierten Stellen zur Kenntnis gebracht" wissen, "um Unstimmigkeiten zu unterbinden". Haltung und Auftritte, so seine strikteste Weisung, hatten sich an der gegebenen Zwangslage zu orientieren, mehr aber noch den soldatischen Ehrenkodex zu bekräftigen: Bei unwürdigen Handlungen der Delegationen Eisenhowers und Montgomerys war sofort zu protestieren. Überzeugt insbesondere von der amerikanischen Ahnungslosigkeit gegenüber deutschen Problemen, forderte er eigene Eingaben und Vorschläge zu den "großen Organisationsfragen", schon damit sich an ihnen die Sieger ihre Zähne ausbissen. "Wir haben bedingungslos kapituliert, da wir den Krieg bis zur letzten Phase und Konsequenz geführt haben, wo uns nichts anderes übrig blieb. Reminiszenzen an 1918 haben zu unterbleiben. Aus eigener Kraft können wir uns nicht helfen, nur mit Hilfe von anderen; d. h. das Schwergewicht unseres Handelns muß auf dem politischen Sektor liegen. Die Rolle Deutschlands als Volk inmitten Europas ist noch nicht ausgespielt. Ohne uns können die Probleme nicht gelöst werden. Dieses ferne Ziel immer im Auge behalten."

Er selbst fühlte sich berufen, alle Aufgaben zu meistern - Reflex offenbar des verschwundenen Drucks, der ihn jahrelang gequält, gegängelt hatte, doch wie seit je erwartete er festen Zusammenhalt, besonders unter seinen Offizieren. Jeden, der sich nicht als anständig und treu erwies, ja, Befehlen auch nur unbewußt zuwiderhandelte, wollte er einem englischen Gefangenenlager übergeben. Und hier folgte am 13. Mai 1945 - jenes fürchterliche Bekenntnis, mit dem er sich gleichsam selbst richtete, das die Tragik nicht der obersten Führung, sondern die des einfachen hingeopferten Mannes widerspiegelte: "Ich habe fünf Jahre geschwiegen und nur gehorcht und nichts für mich beansprucht, sondern nur gearbeitet. Ich bin gehorsamer Soldat gewesen und habe darin meine Ehre erblickt, den Gehorsam, den ich gelobt habe, zu halten. Ich habe in diesen fünf Jahren gearbeitet und geschwiegen, obwohl ich manchmal völlig anderer Meinung war und mir der Unsinn, der befohlen wurde, oft unmöglich erschien." Einwände aus Betroffenheit wurden nicht vernehmbar. Empörung hätte er auch und gerade jetzt hochfahrend zurückgewiesen. Die Stunde sprach für anerzogene Disziplin und nun, da nicht mehr der Diktator schaltete, sogar für Disziplin ohne innere Vorbehalte. Man muß nachlesen, was Jodl unvermittelt entfuhr.

Doch noch während seines letzten Jahres - 1946 - lag hinsichtlich des persönlichen Lebens "alles klar, sauber und folgerichtig" vor Jodl. Daß er auch ohne die Schuldvorwürfe des Nürnberger Gerichtsstatus versagt haben könnte, ließ sein Gehorsams- und Treuebegriff nicht zu. Dafür "kreiselte der Kompaß seiner Gefühle" bei Gedanken über den Mann, an dessen Seite er "lange Jahre ein so dornen- und entsagungsvolles Dasein" führte. Er leugnete nicht, daß sich dessen "Bild, in dem man einmal ein Kunstwerk zu sehen hoffte", nun in "teuflischer Entartung" zeigte, erdrückende Beweise sprachen unwiderleglich und beredt, aber hatte er, als Nur-Militär im Führerhauptquartier, je diesen ganzen Hitler gekannt und erlebt? Noch immer fühlte er sich außerstande zu sagen, was der Diktator wirklich "gedacht, gewollt und gewußt" hatte, allenfalls was er selbst "darüber dachte und vermutete". Gerade jetzt schien ihm, als habe Hitler - offenbar bestrebt, stets zu täuschen - auch seinen "Idealismus" mißbraucht, benützt zu verborgen gehaltenen Zwecken. War der Diktator teuflisch entartet von Anfang an oder erst später, "parallel mit den Geschehnissen", so vielleicht für künftige Historiker, nicht in Jodls eigener Geschichte. "Manchmal", schrieb er jedoch, "falle ich wieder in den Fehler, der Herkunft die Schuld zu geben, um mich dann wieder daran zu erinnern, wieviel Bauernsöhnen die Geschichte den Namen 'der Große' gegeben hat. Das ethische Fundament, das ist das Entscheidende, nicht der Wille und nicht der Geist."

So vernichtend solch ein Werturteil - auch für ihn, da es schon frühere Erkenntnisse widerspiegelte: Nichts vermochte seine Einschätzung der jüngsten Geschichte wesentlich zu ändern. Wie zuvor hielt er daran fest, daß es in Deutschland 1918 "viele und gute Ansätze zu einer ganz anderen Entwicklung" gab. Loyal, durfte er sich sagen, wäre gerade er ihr gefolgt, hätte sie sich überzeugend und segensreich entfalten können. "Zunichte gemacht" hatte sie der Versailler Vertrag, dem er uneingeschränkt die Hauptschuld beimaß. "Wenn das deutsche Volk nach einem fast zehnjährigen auf- und abwogenden Welt- und Meinungskampf zuletzt doch Adolf Hitler als seinen Führer erwählte, so letzten Endes, weil es keinen anderen Ausweg sah, aber doch mit jenem zweifelnden Vorbehalt und jenem instinktiven Urwissen, daß glänzende Meteore meistens ein Zeichen kommenden Unheils sind." Er selbst hatte, als Offizier der Reichswehr, keinen Anteil an dieser Wahl, nur am Gespür für kommendes Unheil, das er zumindest 1933 zeigte. Die Gründe seines inneren Wandels, die ihn zum Bewunderer Hitlers machten, verhehlte und widerrief er nicht, am wenigsten in Niederschriften ohne Blick auf seine Ankläger im Nürnberger Prozeß. Vielleicht bereute er jetzt - angesichts bestürzender Dokumente - manchen Satz im privaten Tagebuch. Überschwenglichkeit und flammende Worte muteten nun verstiegen an. Aber daß er 1939 den Krieg gewollt habe oder gar für ihn verantwortlich sei, empfand er als infamsten Vorwurf, den er zu Recht weiter bestritt.

Im Krieg selbst erblickte er rückschauend eine Folge von Operationen, in die ihn höhere, Hitlers Entschlüsse, hineingezogen hatten. Was vorab zu tun war, diktierte der Zwang heraufbeschworener Lagen - Lagen mit eigener Logik. Er hätte, bei seiner "unglücklichen Liebe zu den Franzosen", gern den Westfeldzug vermieden, möglicherweise sogar den siegreichen, wenn hier nicht "Zwang von Englands Erbitterung und Unbeugsamkeit" ausgegangen wäre, doch kein Schatten trübte seine Überzeugung, daß der Kampf gegen die Sowjetunion sinnvoll gewesen sei. Wann immer Hitlers Aggression verbrecherisch oder nur mutwillig genannt wurde, zog er das "Argument" des bedrohlichen russischen Aufmarsches im Frühjahr 1941 heran, der die deutsche Führung zum Praevenire genötigt habe. Gegen den wahren, fürchterlichen Charakter dieses Krieges sperrte er sich: einsichtslos, eisig. Bolschewismus blieb ihm wesenhafter Feind, Adolf Hitler nicht dessen Ableger, sondern Verteidiger des Abendlandes. Auch noch aus der Gefängniszelle sah er "Deutschlands Kampf - in seiner idealisierten, historischen Linie - genau so an wie einst den Kampf des Prinzen Louis Ferdinand mit seiner Vorhut bei Saalfeld. Er fiel und seine Truppen wurden geschlagen, aber wie damals: die Hauptkämpfe stehen erst bevor, und ob sie ein Jena und Auerstedt werden oder eine Völkerschlacht von Leipzig - für diejenigen nämlich, die humanistische Kultur zu verteidigen haben -, das liegt unwägbar im Schoße der Zukunft begraben".

Abebbende Prozeßarbeit gab ihm die Zeit zu einer längeren strategischen Studie, ihr Titel: "Ein Krieg zwischen den Westmächten und der Sowjetunion." Er schrieb sie nicht, weil er diesen, Deutschland "endgültig zerstörenden" Krieg ersehnte. Er fürchtete ihn als kommendes Duell zwischen zwei Systemen, erbitterten, unversöhnlichen Todfeinden - spätestens für den Augenblick, in dem Moskau Siegeschancen zu sehen glaubte. Er war sich sicher, daß, wenn den Armeen Sowjetrußlands befohlen würde, "den Vormarsch nach Westen zwischen Ostsee und Alpen anzutreten, sie es mit einer dreifachen oder noch größeren Überlegenheit zu Lande tun werden. Mindestens 25 000 hochwertige Panzerkampfwagen und ein fanatischer, siegeszuversichtlicher Kampfwille wird (sic!) die Stoßkraft dieser Überzahl von Divisionen noch beträchtlich erhöhen". Ihnen ist, so seine Überzeugung, durch die Westmächte nichts annähernd Gleichwertiges gegenüberzustellen. Wenn Rußland einstweilen zögere, so allein wegen der erdrückenden angelsächsischen Luft-Vorherrschaft und der amerikanischen Atombombe. Diese Lage freilich werde sich von Jahr zu Jahr - und zwar für alle drei Wehrmachtteile - zugunsten der Sowjetunion ändern. "Rußland wird alle Anstrengungen machen, seine Unterlegenheit zur Luft zu beseitigen. Es wird deutsche Flieger und Ingenieure dazu heranziehen und nicht ruhen und rasten, bis es das Geheimnis der Atombombe gelöst oder sich sonst verschafft hat." Rüstungswettläufe blieben vorgezeichnet.

Jodl rätselte nicht über Rußlands "wahrscheinliche" Kriegsoperationen. Er sah - längs der Demarkationslinie - die Rote Armee mobilisiert in drei Heeresgruppen: ohne Reserven wenigstens fünf Millionen Mann; die Hauptmacht bei der Mittelfront, zunächst zum schnellen Stoß vom Thüringer Wald auf Mainz bestimmt. "In der Tiefe gestaffelt, werden starke Kräfte hinter diesem vordersten Stoßkeil folgen, um dann, nach Norden und Süden eindrehend, den englischen und amerikanischen Divisionen den Rückzug nach dem Rhein zu verlegen. Die Nordfront wird die Nordseehäfen in Besitz nehmen, im übrigen aber mit ihrer Masse über Münster auf das Ruhrgebiet angesetzt werden. Die Südfront hat in Bayern und Württemberg größere Geländeschwierigkeiten und den weitesten Raum zu überwinden. Sie kommt daher in eine starke Rückwärtsstaffelung zur Mittelfront, was aber gerade dazu verhelfen kann, einen zu zäh vor dieser Front kämpfenden Gegner von Norden her im Rücken zu fassen und zu vernichten." Rettung bot für Jodl allenfalls sofortiger Rückzug hinter den Rhein, doch auch dieser Rückzug nur dann, wenn schließlich 130 bis 150 Divisionen das Westufer des Stroms verteidigten. Er warnte Engländer wie Amerikaner vor der Illusion, inmitten Deutschlands eine Entscheidungsschlacht schlagen zu können. Sie ende, lange bevor Luftwaffeneinsätze wirksam würden, "mit der Vernichtung der englischen und amerikanischen Besatzungsdivisionen östlich des Rheins". Die Rote Armee sei durch Landoperationen nicht mehr zu besiegen.

Einzig die angelsächsische Luftwaffe konnte, in seinen Augen, "vielleicht" die Versorgungsstränge und Kräftequellen des Feindes zerstören und so Rußland zwingen, den Kampf aufzugeben. Dazu bedurfte es indes nicht nur aller Fernbomber, die zuletzt gegen Deutschland und Japan eingesetzt waren, sondern ebenso vorgeschobener und insbesondere gut abgedeckter Basen, um die lebenswichtigen Schlüsselpunkte der UdSSR zu erreichen. Hier dachte der Autor an Schweden und die Türkei, für die Demokratien gewiß "das schwerste" politisch-militärische Problem, schon weil es - neben diplomatischer Kunst - höchstmögliche Stärke auch bei den westalliierten Heeren verlangte. "Am leichtesten", schloß die Studie, "ist die Aufgabe der englischen und amerikanischen Kriegsmarine, sie ist (sic!) aber nicht in der Lage, ihre unbestrittene Seeherrschaft kriegsentscheidend zur Geltung zu bringen." Jodl wußte und räumte ein, daß die Generalstäbe der Westmächte über eigene und sicher bessere Unterlagen verfügten. Dadurch mochten etliche Einzelheiten in einem anderen Licht erscheinen. Was er niederschrieb, kam aus dem Gedächtnis und einer Gefängniszelle. Zudem wünschte er nur zu sehr ein Übereinkommen zwischen den Demokratien und der Sowjetunion, das dem deutschen Volk erlaubte, "dazwischen notdürftig ein kümmerliches Dasein zu fristen". Solch ein Übereinkommen schien ihm sinnvoller als neuer Waffenlärm, doch die strategischen Grundlagen, meinte er, ließen sich "nicht viel anders betrachten".

Auch in Briefen erklärte er, daß er nirgendwo prophezeien wolle. Würde seine Studie gegenstandslos, wäre er selbst am glücklichsten. Hoffnung freilich konnte seinen untergründigen Pessimismus allenfalls dämpfen. Wie vorher glaubte er kaum an ein wirkliches Übereinkommen zwischen den "Todfeinden", noch weniger an die Bereitschaft der Westmächte zu äußerster Kraftanstrengung. Deutschland, so das innerlich unwiderrufene Resümee, war nicht zu halten. Eher als Verteidigungswillen sah er Amerikas Abkehr von einem ewigen Zankapfel-Kontinent und die Herrschaft Rußlands über Europa, den Frieden eines Friedhofes. "Wenn dann das letzte Schiff mit amerikanischen und englischen Truppen die französische Küste verlassen hat, dann wird vielleicht noch einmal die Erinnerung wach werden an den Zweck dieses zweiten Weltkrieges, Deutschland und den Nationalsozialismus als Störer des Weltfriedens zu beseitigen und Polen zu schützen." Aber auch im Frieden eines Friedhofes, meditierte er, "blühen Blumen und singen die Vögel, und solange es noch Friedhöfe gibt, geht auch das Leben weiter seinen Gang".

Möglich, daß Jodls Studie Adressen vorlag, an die er vor allem dachte, ungewiß jedoch, ob sie bei ihnen überhaupt Aufmerksamkeit erweckte. Ihren Gang weiter gingen die Gefängnistage, die sich gerade jetzt - zwischen dem Schlußwort und Urteilsspruch - quälend dehnten. Auch in dieser Phase beim Häftling lediglich angedeutete Gemütsbewegungen, sonst Gelassenheit oder stoische Selbstdisziplin. Das Urteil vom 1. Oktober 1946 - Tod durch den Strang - traf vor allem sein Ehrgefühl. Nur um seiner Frau willen ließ er sich zu einem - vergeblichen - Gnadengesuch bewegen. Seine letzten Briefe aus der Zelle sind, in ihrer Gefaßtheit und Sorge um die ihm Nahestehenden, erschütternde menschliche Zeugnisse. Sie zeigen einen tiefempfindenden, sensiblen Mann, der das, was ihn wahrhaft erfüllte, hinter äußerer Kühle verborgen hatte. Zählten nur diese Zeugnisse, müßte man einen ganz anderen Jodl zeichnen als den einer schrecklichen Kriegsgeschichte.

Er war sich bewußt, einem politischen Prozeß erlegen zu sein. Mit der Anklage "Verschwörung gegen den Frieden" wußte er, der am Kriegsbeginn unbeteiligt war, bis zum Ende nichts anzufangen. Der Vorwurf, daß er für die Erschießung gefangener alliierter Fliegeroffiziere verantwortlich sei, wurde fallengelassen. Den Kommissar-Befehl hatte er nach Kräften abgeschwächt, den Kommando-Befehl als Vergeltung feindlicher Übergriffe aufgefaßt. Wenn er beide Befehle weitergab, so auf ausdrücklichen Befehl und im Auftrag Hitlers. Ein Jahr später, nach dem sogenannten Südost-Prozeß, wäre Befehlsnotstand auch bei ihm anerkannt worden. Einer seiner Richter, der Franzose Donnedieu de Fabre, sprach bald von Justizmord. Liddell Hart, der britische Militärhistoriker, erklärte, daß Jodl zu Unrecht gehängt worden sei. Der Nürnberger Prozeß - fragwürdig in vielen Voraussetzungen - offenbarte hier eher Rache als Maß. Dennoch ist auch im Falle Jodls nicht nur von Rache zu sprechen.

Wie nahezu jeden sog ihn der "Weltanschauungs"-Kampf an, mit dem Hitler seinem Krieg den Stempel aufdrückte. Jodl wünschte weder diesen Kampf noch Deutschlands Weltherrschaft, aber ungefestigt, mehr noch: anfällig geriet er in Verstrickung und Schuld. So mutig seine Einsprüche und Versuche, die ärgsten Übel abzudämmen, am Lagetisch und im Ringen um die Genfer Konvention: Handlangerdienste bei völkerrechtswidrigen Befehlen machten ihn zum Komplizen der "infernalischen Größe", wie er zuletzt Hitler nannte. Auch rückblickend hat er das Wort "Größe" nicht widerrufen.

Er glaubte, Vernunft und Tradition verteidigt zu haben, wenn er sich - immer wieder - Hitler entgegenstemmte. Die Logik des Nürnberger Gerichts, das Verbrechen der Alliierten nicht kennen wollte, stimmte ihn vollends bitter. Im Krieg sah er einen Akt der Gewalt, der Härten verlangte, ja, rechtfertigte, im Partisanenkampf eine Regelwidrigkeit, die überkommene Normen sprengte.

Was ihm das Tribunal vorhielt, waren dennoch Makel. Wie nahezu jeder, der zum engsten Kreis des Diktators zählte, befleckte er Ritterlichkeit und Ehre. Dieses Verhalten, das unsere Nation und deren Armee schändete, hätte ebenso ein neues souveränes Deutschland moralisch verurteilen müssen. Daß Alfred Jodl mit dem Tod am Strang zu büßen hatte, gilt zu recht als Fehlurteil und verbietet, ihn noch anzuklagen. Sein vielleicht größtes Versagen lag indes jenseits juristischer Kategorien und hieß: Führung gegen Erziehung und Erkenntnis. Es nutzt wenig, darüber zu spekulieren, ob ihn das Kadettenkorps - prägende Instanz seiner Jugend - von vornherein in engste Korsette einschnürte, deformierte. Auffällig ist, daß keiner der führenden Militärs im deutschen Widerstand Kadettenanstalten durchlaufen hatte, während sich umgekehrt jene, die einmal Kadetten gewesen waren, nicht für den Widerstand gewinnen ließen. Schlimmer blieb, daß bei Jodl Wunschdenken über zugängliche Analysen triumphierte oder diese Analysen bis zuletzt verdrängte. Strategie konnte hier ausfallen, wie immer sie wollte: politische Illusionen tilgten jedes entscheidende Aufbegehren, das vom Sachverstand her längst geboten war.

Jodls Gehorsamsbegriff ließ ihn glauben, Opfer der Tragik zu sein, und wer ihn billigte, müßte seine Empfindungen teilen. Was Soldaten leitete und er unbeirrt bejahte, war vergeblich, ja, um nichts erbracht. Ein Führer ohne Schutzethos hatte anerzogenen Gehorsam aufs schändlichste, niederträchtig mißbraucht. Tragik aber kann, wenn überhaupt, nur unentrinnbares Geschick bedeuten; nie zählt sie für die Führungsspitzen, die zu handeln vermögen, handeln sollen und müssen. Das Wort Tragik täuschte, bei ihr, über Abdankung von Verstand und Moral. Mochte sich Jodl auf die operative Führung "zurück"stufen: Er stand an der Spitze, ohne militärische Illusionen, die den zweiten und dritten Rang beschwichtigen konnten. Die wirkliche Tragik Untenstehender war ihm versagt.

Jodl starb reuelos, ohne erkennbare Schuldgefühle. Die Jahrzehnte seit seinem Tod hätten ihn kaum umgestimmt. Pflichten gegenüber der Menschheit, die er für eine bessere Zukunft beschwor, werden weiter mißachtet, mit Füßen getreten. Die Nationen sind heilig, Vehikel blutiger Narreteien geblieben. Ungestraft begehen sie, und zwar in Dutzenden von Kriegen, neue schaudererregende Verbrechen. Niemand wagt es oder besitzt die Macht, ihre Ideologen nochmals vor Tribunale zu ziehen, obschon bereits deren Aggressionen anklagewürdig und abzuurteilen wären. Der Nürnberger Prozeß 1945/ 46, rechtlich problematisch, aber auch moralisches Wendezeichen, wurde zum nachträglich verhöhnten einmaligen Exempel. Eitel die Vorstellung, daß Herrschende dem politischen General gestatteten, ihnen in den Arm zu fallen: Kondottiere-Rolle, zu der sich Jodl zuletzt geradezu aufbegehrend bekannte. Die Armee soll - strikter denn je - der Staatsführung dienen. Anderer Ehrgeiz gilt als Militarismus.

Doch so ehern derartige Grundsätze, Konsequenz aus der Heeresgeschichte des Reiches, so eindeutig die Maximen für den Soldaten in Spitzenstellungen. Fiele er ab von Vernunft und Mitverantwortlichkeit, mehr noch: schreckte er zurück vor notwendigem Ungehorsam, würde wieder unser aller Urteil gesprochen. Hier zählt kein Umbruch, keine revolutionäre Waffentechnik. Ethos bleibt allein ohne Abstrich Ethos. Möglich, daß dieses Ethos zur Vergangenheit gehört, versunken in ferne Epochen und Episoden. Was heute droht, sind Selbstmord-Kriege, Kriege mit unlösbaren, ja, von vornherein verhängten Führungskonflikten. Dann wäre, radikal gedacht, die soldatische Existenz vollends unannehmbar, gälten erst recht Pflichten gegenüber der Menschheit. Geschichtsschreibung kann - angesichts solcher Probleme - nur Andeutungen geben; ihr Feld umgrenzt das Gewesene. Aber wie auch immer: Noch ist sie imstande, unseren Blick zu schärfen. Gerade der Gegenwart böte Jodl allemal Lehren.

7-Mai1945Gen-oberstJodlKapitulation

Generaloberst Jodl bei der Kapitulation

LITERATURHINWEISE
1. Jodl, Luise: Jenseits des Endes. Leben und Sterben des Generaloberst Alfred Jodl. Wien/München/Zürich 1976
2. Loßberg, Bernhard v.: Im Wehrmachtführungsstab. Hamburg 1949.
3. Kriegstagebuch des OKW (1-6) 1940-1945. Frankfurt am Main 1963 ff.

Dr. Bodo Scheurig, geboren 1928 in Berlin, Studium der Neueren Geschichte und Philosophie an der Freien Universität Berlin und der Columbia University New York. Von seinen zahlreichen Publikationen seien auswahlweise genannt: "Freies Deutschland - Das Nationalkomitee und der Bund Deutscher Offiziere in der Sowjetunion 1943 -1945" (1960, 1984 Neuausgabe); "Um West und Ost - Zeitgeschichtliche Betrachtungen" (1969).


Quelle: DAMALS - Das Geschichtsmagazin
Heft 10/Oktober 1986

Die Wehrmacht und Griechenland

"Befriedung der Festung"
Die Massaker der Wehrmacht in Griechenland 1941 bis 1944 (Teil II).

Von Martin Seckendorf

Mit der militärischen Lage veränderte sich Ende 1942, Anfang 1943 auch die strategische Bedeutung Griechenlands für die deutsche Kriegführung. Bei Stalingrad erzwang die Rote Armee die Kriegswende, in Nordafrika besiegten die Westalliierten Rommels Afrikakorps, in Jugoslawien und Griechenland erlebte die Partisanenbewegung einen gewaltigen Aufschwung. Am 8. September 1943 schied Italien aus dem faschistischen Achsenbündnis aus.
Gefahr an Südostflanke

Die deutsche Führung ging davon aus, daß die Westalliierten im Frühjahr 1943 mit einer Landung in Griechenland eine zweite Front in Europa eröffnen werden. Galt Griechenland im strategischen Kalkül der deutschen Führung bisher als Absprung- und Nachschubbasis, sollte es jetzt in eine Festung verwandelt werden und die militärisch wie kriegswirtschaftlich immer wichtiger werdende Südostflanke des Nazi-Imperiums decken.

Wegen des Ausscheidens der Italiener als Besatzungsmacht dehnte die Wehrmacht die deutsche Herrschaft auch auf die italienische Zone in Griechenland aus. Die deutschen Truppen wurden von 75000 auf 250000 Mann verstärkt und erhielten eine neue Befehlsführung. Oberste Kommandobehörde für Griechenland wurde die neu aufgestellte Heeresgruppe E unter Generaloberst Löhr. Die Heeresgruppe konnte erstmals über alle bewaffneten Kräfte der Eroberer, einschließlich der Verbände der Bulgaren und der Waffen-SS sowie der Kollaborateure in Griechenland, verfügen.

Für die Okkupationsverwaltung wurde die Dienststelle Militärbefehlshaber Griechenland unter General Speidel geschaffen. Er erhielt in ganz Griechenland die vollziehende Gewalt. Damit entschied die Wehrmacht auch in der neuen Etappe der Besatzungspolitik alle für die Griechen und das Land wichtige Fragen. Dem Militärbefehlshaber war auch der ebenfalls neu berufene Höhere SS- und Polizeiführer (HSSPF) samt seiner Institution unterstellt. Dieser sollte im Auftrag des Militärbefehlshabers den polizeilichen und geheimpolizeilichen Bereich, einschließlich jenen der Kollaborationsverwaltung, leiten, ausbauen und gegen die Widerstandsbewegung, vornehmlich in den Städten, führen.

Hauptaufgabe des umgestalteten Besatzungsapparates war die rigorose Bekämpfung der Partisanenbewegung und die brutale Unterdrückung der sie unterstützenden Zivilbevölkerung. Zur Abwehr der erwarteten Invasion der Alliierten sei es notwendig, die inneren Verhältnisse der besetzten Südostgebiete "mit starker Hand zu ordnen", heißt es in einer Denkschrift des Führungsstabes der Wehrmacht vom 10. Dezember 1942. Der Chef des OKW, Keitel, fügte hinzu, "der griechische Raum ist heute als ein Kriegsschauplatz erster Ordnung zu bezeichnen". Die "Befriedung" der Festung Griechenland war nicht mehr nur ein okkupationspolitisches, gewissermaßen innenpolitisches Problem. Angesichts der erwarteten Invasion war sie Teil der Vorbereitungen auf den militärischen Großkampf. Deshalb sollte die Widerstandsbewegung noch vor der Landung alliierter Truppen endgültig vernichtet und die Bevölkerung durch terroristische Maßnahmen derart eingeschüchtert werden, daß sie im Invasionsfall nicht wage, sich gegen die Deutschen zu erheben. Die präventive Funktion des Massenterrors trat noch stärker hervor.

Hauptkraft des bewaffneten Befreiungskampfes und seit Herbst 1943 einziger militärischer Gegner der Deutschen in Griechenland war die ELAS. Die bürgerliche Organisation EDES spielte militärisch keine Rolle mehr; ihre Führer kollaborierten seit Ende 1943 mit den Deutschen. Bereits im April 1943 hatte der Militärbefehlshaber Südgriechenland die politische Struktur des Widerstandes mit "etwa 90 Prozent rein kommunistisch, 10 Prozent nationalistisch" angegeben. ELAS fügte den Okkupanten nach einem Bericht des Militärbefehlshabers Griechenland vom 19. Oktober 1943 "erhebliche Verluste an Menschen und Material" zu.
Mit brutalsten Mitteln

Kaum noch verschlüsselt befahlen alle Führungsebenen jetzt den Massenmord an Zivilisten beiderlei Geschlechts und jeden Alters. Hitlers "Weisung Nr. 47" vom 28. Dezember 1942 bestimmte als Hauptaufgabe des Oberbefehlshabers Südost die "endgültige Befriedung des Hinterlandes und Vernichtung der Aufständischen und Banden aller Art". Hitler forderte, die Befehle zur Partisanenbekämpfung noch weiter zu verschärfen. Den deutschen Kräften dürften keinerlei Beschränkungen bei der Tötung von Menschen und der Vernichtung von Sachwerten auferlegt, jedem Soldaten müsse generell Straffreiheit zugesichert und jene Soldaten als "Verräter am deutschen Volk" gebrandmarkt werden, die nicht mit der geforderten Rücksichtslosigkeit vorgingen. Der Chef des Führungsstabes der Wehrmacht, Jodl, versicherte, nach diesem Befehl könnten die Soldaten auch mit Frauen und Kindern "machen, was sie wollen: Sie dürfen sie aufhängen, verkehrt aufhängen oder vierteilen". Der am 16. Dezember 1942 erlassene Befehl richtete sich nicht nur gegen die Partisanen, sondern auch gegen "Mitläufer", was den zu vernichtenden Personenkreis beträchtlich ausweitete. Der Chef des OKW befahl: Der Kampf muß "mit den allerbrutalsten Mitteln geführt" werden. "Die Truppe ist berechtigt und verpflichtet, in diesem Kampf ohne Einschränkung auch gegen Frauen und Kinder jedes Mittel anzuwenden, wenn es nur zum Erfolg führt." Auf dieser Grundlage erließ am 14. Juli 1943 der Oberbefehlshaber Südost, Löhr, einen speziellen Befehl. Nach der inzwischen erfolgten alliierten Landung auf Sizilien (9./10. Juli 1943) ordnete er noch direkter den Massenterror gegen die Bevölkerung als Prävention und Vorbereitung auf eine alliierte Landung an. Partisanen und "Mitläufer" spielten im Befehl keine Rolle, die gesamte Bevölkerung sollte getroffen werden. Es heißt dort: "Bei feindlichen Landungsangriffen ist mit weitestgehender Beteiligung aufsässiger Bevölkerungsteile auf Seiten des Feindes zu rechnen... Ich ermächtige und verpflichte alle Kommandeure, von sich aus, ohne vorherige Genehmigung der vorgesetzten Stelle, bei offensichtlich feindseliger Haltung der Bevölkerung schärfste Maßnahmen zu ergreifen."

Auch bei anderen Grundsatzbefehlen des OKW nutzten die Militärbehörden im Südosten ihren Handlungsspielraum und verschärften die zentralen Direktiven. Wegen des Arbeitskräftemangels in Deutschland wies Hitler am 7. Juli 1943 an, Partisanen und "Mitläufer" nicht mehr generell und sofort zu töten, sondern die Arbeitsfähigen als militärische Zwangsarbeiter nach Deutschland zu deportieren. Die Behörden im Südosten machten in den Ausführungsbefehlen die Einschränkung, daß es dabei keine Abstriche am Konzept der massenhaften Tötung von Zivilisten zur Bekämpfung der Partisanenbewegung geben dürfe. "Sühnemaßnahmen" seien "wie bisher mit den härtesten Mitteln durchzuführen". Der Grundsatz, "die gesamte männliche Bevölkerung" eines Dorfes bei Verdacht auf "Teilnahme oder Unterstützung der Banden zu erschießen oder zu erhängen", müsse unbedingt beibehalten werden. Erst in zweiter Linie sei die Deportation zur Zwangsarbeit zu erwägen. Am 18. August 1943 bestätigte der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht diese Linie der Militärbehörden im Südosten. Er schrieb, bei besonderen Umständen könne angeordnet werden, "daß keine Gefangenen gemacht werden bzw. daß Gefangene und im Kampfraum ergriffene Bevölkerung erschossen werden dürfen".

Mit der Kriegswende wurde auch das terroristische Methodeninventar erweitert. Neben Luftangriffen gegen "verdächtige" Ortschaften wurde die Beschießung der Dörfer mit weitreichender Artillerie befohlen. Bei Partisanenaktionen seien die "in der Nähe" liegenden Ortschaften durch zusammengefaßte Feuerschläge ohne Vorwarnung zu vernichten. Eine besonders brutale Neuerung war die Einführung fahrbarer Geisellager. Am 15. Juli 1943 wurde befohlen, bei jedem Transportzug einen verriegelten Güterwagen mit Geiseln mitzuführen. Bei einer Partisanenaktion, "ob sie gelingt oder nicht", so der Chef des Generalstabs des OB Südost, seien die Geiseln durch Zündung vorsorglich angebrachter geballter Ladungen und durch das zusammengefaßte Feuer der Begleitkommandos "sofort" zu töten. Für Kreta wurde angeordnet, bei Kfz-Kolonnen "in größerer Zahl" junge Mädchen als Geiseln mitzuführen.
Die "Edelweiß-Division"

Die deutschen Behörden drängten die Italiener, in ihrer Zone mit den Griechen in gleicher Weise zu verfahren, was diese ablehnten. Die nach der Kriegswende in die italienische Zone einrückenden deutschen Divisionen erhielten die Anweisung, unter Umgehung der italienischen Behörden selbständig gegen die griechische Bevölkerung nach den deutschen Grundsatzbefehlen vorzugehen. Damit wurde vor der italienischen Kapitulation die bis dahin nur in den deutschen Zonen praktizierte Terrorpolitik auch auf die italienische Zone übertragen.

Für die Verlegung der 1. Gebirgsdivision, wegen ihres taktischen Zeichens auch "Edelweiß-Division" genannt, in das von den Italienern besetzte Gebiet Joannina erging am 7. Juli 1943 folgender Befehl: "Alle Ortschaften, die den Banden als Zuflucht dienen können, sind zu zerstören, die männliche Bevölkerung ist, soweit sie nicht wegen Verdachts der Teilnahme am Kampf oder Unterstützung der Banden erschossen wird, restlos zu erfassen und als Gefangene abzuschieben. Bei Sabotagefällen... sind strengste Sühnemaßnahmen gegen die Bevölkerung zu treffen." Der Erste Generalstabsoffizier (Ia), Thilo, dessen Aufgabe u.a. die Vorbereitung der Einsatzbefehle war, baute nach 1945 die "Gebirgstruppe" der Bundeswehr auf, führte jahrelang als Kommandeur die 1. Gebirgsdivision der Bundeswehr - ebenso "Edelweiß-Division" genannt - und schied nach Erreichung der Altersgrenze in allen Ehren und mit gut dotierter Pension als Generalmajor aus den westdeutschen Streitkräften aus. Die 1943 nach Griechenland versetzte "Edelweiß-Division" kam aus Jugoslawien, wo der Verband nach Divisionsberichten mehr als 10000 "Banditen", sprich Tito- Partisanen und "Mitläufer", vernichtet hatte. Im Juli 1943 brannten Einheiten der Division bei mehreren "Säuberungsunternehmen" im italienisch besetzten Gebiet Griechenlands mehrere Dörfer nieder und erschossen über 100 Zivilisten. Am 16. August 1943 vernichteten die Gebirgsjäger die im italienisch besetzten Epiros liegende Ortschaft Kommeno und metzelten 317 Bewohner jeden Alters und beiderlei Geschlechts auf unbeschreiblich grausame Weise nieder. In einer Ermittlungsakte des Bayerischen Landeskriminalamtes vom 16. April 1969 heißt es, daß sich unter den Opfern "schwangere Frauen befunden haben. Viele Frauen seien vor der Ermordung vergewaltigt worden, Leiber von Frauen aufgeschnitten und die Kinder in der Weise verbrannt, daß sie ihnen mit Benzin getränkte Watte in die Münder stopften und die Watte dann anzündeten. Auch seien Personen die Augen ausgestochen worden." (Das Verfahren wurde eingestellt, da es sich nach Meinung des Landgerichts München I um normale Kriegshandlungen gehandelt habe). Die Italiener wurden über die Aktion in ihrer Zone nicht einmal informiert.

Nach dem Ausscheiden Italiens aus dem faschistischen Bündnis richtete sich der deutsche Terror auch gegen die in Griechenland stationierten Soldaten des ehemaligen Bundesgenossen. Wegen "Verrats an der Achse" wurden ab 8. September auf Rhodos und auf Ägäischen Inseln mehrere hundert italienische Offiziere erschossen. Die italienische Besatzung der Ionischen Insel Kephalonia widersetzte sich der Aufforderung zur Kapitulation. Deutsche Truppen stürmten die Insel. Aufgrund eines Sonderbefehls sollten keine Gefangenen gemacht werden. Hauptsächlich Einheiten der "Edelweiß-Division" erschossen den italienischen Divisionskommandeur und 5170 Soldaten - nachdem diese sich ergeben hatten.

Nachdem Hunderte Dörfer zerstört und viele tausend Griechen ermordet waren, fürchtete der Kollaborationsministerpräsident Rallis, seinen ohnehin geringen Kredit bei den Griechen vollständig zu verlieren. In einem Schreiben an den deutschen Militärbefehlshaber wies er darauf hin, daß unter dem Vorwand, Sühne- und Vergeltungsmaßnahmen für Partisanenaktionen durchzuführen, "die Vernichtung Griechenlands" im Gange sei. Allein im Oktober 1943 habe man im Epiros, dem Operationsgebiet der 1. Gebirgsdivision, über 1000 Griechen umgebracht. Seit dem Einmarsch der Wehrmacht in das relativ kleine Gebiet im Juli 1943 seien mehr als 100 Dörfer zerstört worden.

Fehleinschätzung

Ende 1943 stellten die deutschen Militärs fest, daß ihre Erwartung, mit den Truppenverstärkungen und exzessiver Terrorpolitik die Partisanenbewegung vernichten zu können, auf einer eklatanten Fehleinschätzung beruhte. EAM und ELAS hatten inzwischen ein großes politisches und militärisches Gewicht gewonnen. Im September 1943 stellte der Militärbefehlshaber fest, daß "Griechenland nur zu einem kleinen Teil wirklich in deutscher Hand" ist. Hinzu kam, daß in den deutschen Vorstellungen die alliierte Landung immer wahrscheinlicher wurde, weitere Truppenverstärkungen aber wegen der Gesamtkriegslage unmöglich waren. Hermann Neubacher, "Sonderbevollmächtigter des Auswärtigen Amtes für den Südosten", kam zu dem Schluß, die Wehrmacht sei nicht in der Lage, die ihr gestellte doppelte Aufgabe zu lösen: Die Invasion zu verhindern und zuvor, gewissermaßen als Voraussetzung einer Invasionsabwehr, die Partisanen zu vernichten.

In einem erneuten Schwenk ihrer Okkupationspolitik versuchten die Deutschen nunmehr, das für sie immer ungünstigere Kräfteverhältnis mit politischen und propagandistischen Mitteln, insbesondere mit "zielgenauerem" Antikommunismus auszugleichen. Im Zentrum stand jetzt die Kollaboration. Vor allem im bewaffneten Bereich versuchten sie, die Kollaboration erheblich auszuweiten und einen Bürgerkrieg zu entfachen. In einem regelrechten Vernichtungskrieg sollten die Träger und Sympathisanten des Widerstands ausgerottet und dabei unter deutscher Leitung künftig immer mehr Griechen von Griechen umgebracht werden. Ab Herbst 1943 gingen Neubacher und die Militärs daran, dieses Konzept zügig umzusetzen. Dabei kam es 1944 zu einer nochmaligen Steigerung der Opfer unter der Zivilbevölkerung.

Freitag, 21. Oktober 2005

Yong Wang

Falun Gong Informationszentrum Österreich: Rasche Hilfe für Herrn Mag. Wang, dem vom chinesischen Konsulat in Wien die Passverlängerung verweigert wurde
Ein gutes Ende fand die vorübergehende Staatenlosigkeit von Herrn Mag. Yong Wang,

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Herr Mag. Wang mit Familie kurz nach der Verleihung der österr. Staatsbürgerschaft
Seit dem 4. November 2004 besitzt der in Österreich lebende Chinese Mag. Yong Wang Dank der österreichischen Regierung und vieler helfender Menschen einen österreichischen Pass und kann wieder uneingeschränkt reisen.

Weil Herr Wang in Österreich Falun Gong praktiziert und sich aktiv für ein Ende der Verfolgung von Falun Gong in China einsetzt, wurde ihm Mitte Juli 2004 vom chinesischen Konsulat in Wien mitgeteilt, dass sein chinesischer Pass nicht verlängert wird. Im Angesicht der akuten Repressalien haben er und seine österreichische Familie um Hilfe bei der österreichischen Regierung und Behörden angesucht. Die NÖ Landesregierung hat gegenüber der Situation von Familie Wang größtes Verständnis gezeigt und das Antragsverfahren von Herrn Wang für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft beschleunigt.

„Meine Familie und ich sind wirklich glücklich und sehr dankbar, dass so viele Menschen und Stellen, insbesondere der NÖ Landeshauptmann und die NÖ Landesregierung, uns geholfen haben, den Antrag für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft so schnell und problemlos abzuwickeln. Meine Familie und ich können nun wieder zusammen verreisen. Des weiteren bin ich auch nicht mehr in der Ausübung meines Berufes gehindert und kann für meine Firma Dienstreisen ins Ausland unternehmen. Wir möchten uns hier an dieser Steller auch beim Aussenministerium bedanken, das uns sorgend ihre Hilfe zusicherte, sollte es Schwierigkeiten bei der Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft geben. Ganz besonders möchten wir uns jedoch auch bei den vielen Abgeordneten und Journalisten bedanken, die die chinesische Botschaft bzgl. meines Falles kontaktiert haben. Durch die Medienberichte konnten nicht nur viele Menschen über mein persönliches Schicksal erfahren und helfen, sondern auch über die Verfolgung in China. Wir hoffen, dass keine andere Familie in Österreich ähnliches erleiden muss.“ meint Mag. Wang.

Chinesische Behörden setzen die Verfolgung außerhalb Chinas fort

Während es für Familie Wang ein „Happy End“ gibt, leiden in mehr als 18 Ländern noch an die 60 weitere Chinesen aufgrund des Ausübens von Falun Gong unter der Passverweigerung seitens chinesischen Behörden. Während in der westlichen Welt die Passverweigerung eher nur noch ein Relikt und eine Erinnerung an die Zeit des kalten Krieges ist, ist es heute ein weltweites chinesisches Phänomen geworden. Viele Chinesen können sich, obwohl sie in westlichen freien Staaten leben, trotzdem nicht der Verfolgung durch China entziehen. In China wird Folter und die sogenannte „Umerziehung durch Arbeit“ angewandt, im Ausland wird als Instrument der Verfolgung die Passverweigerung von chinesischen Behörden eingesetzt, um auf chinesische Falun Gong Praktizierende Druck auszuüben, sie eventuell dadurch zurück nach China zu holen und sie zum Schweigen zu bringen. In den letzten Monaten wurden auch Fälle in der Schweiz und in Belgien bekannt.

Seit Juli 1999 werden leider nicht nur im Ausland lebende Chinesen zu Opfern der Verfolgung durch die Eingriffe der chinesischen Behörden, sondern zunehmend auch westliche Staatsbürger bekommen die Verfolgung hautnah zu spüren. Im letzen Monat hat die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte Sektion Österreich einen detaillierten Menschenrechtsreport über China herausgebracht. In diesem 70 Seiten umfassenden Report wurden einige Beispiele aus den letzten 5 Jahren genauer unter die Lupe genommen, wobei besonderes Augenmerk auf die Repressalien chinesischer Behörden auf österreichische Falun Gong Praktizierende bzw. in Österreich lebende Praktizierende gelegt wurde. „Der zeitlich chronologische Aufbau dieses Dokumentes zeigt am Beispiel Österreichs, wie die Ausweitung der Verfolgung in den Westen an Dreistigkeit und Intensität zunimmt, wobei Österreich bei weitem nicht isoliert sondern vielmehr nur ein Land von vielen ist, wo derartige Phänomene beobachtet werden.“ (Auszug aus dem Menschenrechtsreport der IGFM Österreich) Ungefähr zur selben Zeit verabschiedete der US Kongress eine Resolution, in dem es das chinesische Regime aufforderte, die Übergriffe auf in den USA lebende Falun Gong Praktizierende zu stoppen.

Stimme der Hoffung

„Durch das Leiden in den letzten dreieinhalben Monaten weiß ich die Freiheit und auch was den Respekt der Menschenrechte in Österreich anbelangt mehr zu schätzen. Umso stärker appelliere ich an die österreichische Gesellschaft, unsere eigenen Bürger vor der Verfolgung und der Diskriminierung durch chinesische Behörden zu schützen. In der letzen Zeit muss ich auch verstärkt an die Leidenden in China denken, die nicht so viel Glück wie mein Mann haben. Ich hoffe, dass wir in Zukunft mehr für sie tun können, so dass diese grausame und voll mit Lügen, Blut und Tränen gefüllte Verfolgung in China bald ein Ende findet.“
- Frau Roswitha Wang-Moritz

China?

22.06.2005:
Junge Frau stirbt umstellt von chinesischen Geheimagenten an den Folgen von Folter

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Frau Gao Rongrong, eine Buchhalterin aus Shenyang, die brutaler, ausgedehnter Folter ausgesetzt war, die ihr Gesicht entstellte (unten) und ihren Tod verursachte


Hohes chinesisches Regierungsmitglied beteiligt

Frau Gao Rongrong, eine Buchhalterin aus Shenyang, die brutaler, ausgedehnter Folter ausgesetzt war, die ihr Gesicht entstellte (unten) und ihren Tod verursachte.

Frau Gao Rongrong, eine 37-jährige junge Frau, die ihrem Gewissen folgend, nach Beginn der Verfolgung von Falun Gong in Peking eine Petition einreichen wollte, wurde dort willkürlich verhaftet und selbst Opfer der Verfolgung. Sie reiht sich in den Friedhof von mehr als 2.500 Folteropfern ein.



Wie zu erfahren war, starb Frau Gao am 12. Juni an den Folgen der Einsperrung, Gehirnwäsche und Folter in der Intensivstation des China Universitätskrankenhauses in der Stadt Shenyang, Provinz Liaoning. Quellen zufolge war ihr Zimmer und der Eingang des Krankenhauses von Sicherheitsagenten umstellt, deren Aufgabe es war ihren Zustand vor der Außenwelt zu verheimlichen. Personen zufolge, die mit dem Fall vertraut sind, befindet sich Frau Gaos Körper zurzeit in der Wenguantun Beerdigungsstätte in Shenyang. Die chinesische Polizei übt großen Druck auf die Familie von Frau Gao aus, ihren Körper schnellstens zu kremieren, damit der Beweis von Folter zerstört wird.

Das Gesicht der jungen Frau ist durch Brandwunden entstellt

Frau Gao war Buchhalterin am Luxun College für bildende Künste in Shenyang. Zu Beginn der Verfolgung wurde sie wie viele andere Falun Gong Übende auch ihrer Arbeit entraubt. Um für ein Ende der Verfolgung von Falun Gong zu appellieren begab sich Frau Gao nach Peking. Entgegen jeglicher Gesetzesgrundlage wurde sie verhaftet und mehrere Monate festgehalten.



Im Juli 2003 kam sie in das Longshan Zwangsarbeitslager. Dort wurde sie am 7. Mai 2004, ungefähr 3 Uhr Nachmittags vom stellvertretenden Leiter der Brigade Nr.2, Tang Yubao, und einem dortigen Teamleiter, Jiang Zhaohua, angeblich stundenlang mit Elektrostöcken misshandelt. Die Mitinsassen von Frau Gao berichteten, dass Frau Gaos Gesicht, Kopf und Nacken mit Blasen übersät und ihr Haar mit Blut verfilzt waren.



Verzweifelt versuchte Frau Gao den Tätern zu entfliehen. Sie sprang aus einem Fenster im zweiten Stock und wurde wegen mehrfacher Knochenbrüche in ein Krankenhaus eingeliefert.



Während ihres Krankenhausaufenthaltes wurde sie ständig von der chinesischen Polizei überwacht. Im Oktober 2004, als sie sich genügend erholt hatte, floh sie mit Hilfe von Freunden aus dem Krankenhaus um möglicher gewaltsamer Entführung durch die Polizei und weiterer Folter zu entkommen. Fotos von ihrem entstellten Gesicht gingen um die Welt.

Einer der ranghöchsten Regierungsmitglieder eingeschaltet um die Folgen der Folter an Frau Gao vor der Öffentlichkeit zu vertuschen

Als der Fall von Frau Gao der internationalen Gemeinschaft bekannt wurde, erhöhte sich der Druck auf die chinesischen Machthaber. Das Mitglied des ständigen Ausschusses des Politbüros, Luo Gan, schaltete sich persönlich ein um weiteren Enthüllungen entgegen zu wirken.



Durch das "Büro 610" und unter der direkten Anweisung von Luo Gan wurde eine beispiellose Jagd auf den "Fall Nummer 26" so wurde Frau Gao Rongrong genannt, eingeleitet. Alle Falun Gong-Praktizierenden aus ihrer Umgebung wurden verhaftet und gefoltert. Das ganze Umfeld wurde durchkämmt. Mit falschen Radiomeldungen wurde die Bevölkerung alarmiert sie zur Polizei zu bringen, weil sie vermeintlich ein besonderes Medikament brauchte.



Am 6. März 2005 hat das "Büro 610" sie erneut verhaftet und im berüchtigten Masanjia Arbeitslager interniert. Von dort brachte man sie am 6. Juni ins Universitäts-Krankenhaus.
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Am 12. Juni starb Frau Gao - schwer bewacht - schließlich an den Folgen ihrer Verfolgung.


Hintergrund

Falun Gong, auch Falun Dafa genannt, ist eine traditionelle buddhistische Kultivierungsschule, die ursprünglich aus China stammt und in mehr als 60 Staaten der Welt praktiziert wird. Neben den körperlichen Übungen wird besonderer Wert auf ein Leben nach den Prinzipien von Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht gelegt, die seit Tausenden von Jahren in der chinesischen Kultur verwurzelt sind.



Seit dem 20. Juli 1999 unterliegt Falun Gong in China einer irrationalen Verfolgung, die durch den ehemaligen Staatspräsidenten Jiang Zemin initiiert wurde. Hunderttausende wurden seit dem Juli 1999 festgenommen, über 100.000 Praktizierende, möglicherweise aber wesentlich mehr, zu häufig jahrelangem Arbeitslager verurteilt, in der Regel ohne ordentliches Gerichtsverfahren. Die Verfolgung in China umfasst alle Lebensbereiche: sie führt zum Verlust von Arbeitsplatz und Wohnung, schließt Schüler und Studenten von der Ausbildung aus, zwingt Frauen zur Abtreibung und Ehepaare zur Scheidung. Dem Falun Gong Informationszentrum liegen bis heute Informationen vor über 2.529 Todesfälle, zu denen es durch Folter in Polizeistationen und Arbeitslagern kam. Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen.

Folter in China

10.03.2005 Frau Zhang Fuzhen, etwa 38 Jahre alt, arbeitete im Xianhe Park der Stadt Pingdu in der Provinz Shandong. Im November 2000 ging sie nach Beijing, um ein Bittgesuch für Falun Gong einzureichen. Danach wurde sie entführt. Es wurde berichtet: ,Die Polizei zog Frau Zhang die Kleidung aus und rasierte ihr den Kopf. Sie folterten und demütigten sie.

Sie wurde mit ausgestreckten Gliedmaßen an ein Bett gefesselt, auf dem sie sich auch erleichtern musste. Dann injizierten sie ihr unbekannte, giftige Drogen. Sofort verspürte Frau Zhang unerträgliche Schmerzen. Sie begann sich heftig zur Wehr zur setzen und starb unter starken Schmerzen. Die Beamten des ,Büro 610' waren die ganze Zeit anwesend und beobachteten den Todeskampf von Frau Zhang..

Frau Yang Lirong, 34 Jahre alt, wohnhaft in der Beimen Straße in Dingzhou, Provinz Hebei. Weil Frau Yang Falun Gong praktizierte, wurden ihre Familienangehörigen oft von der Polizei beleidigt und bedroht, beispielsweise mit der Kündigung des Arbeitsplatzes. Der Ehemann von Frau Yang ist Fahrer bei der Vermessungsbehörde. Das Ehepaar hat einen 10-jährigen Sohn. Am Abend des 8. Februar 2002 war die Polizei erneut bei Frau Yangs Familie. Die wiederholten Androhungen der Polizei übten einen so starken Druck auf Frau Yangs Ehemann aus, dass er am frühen Morgen des darauf folgenden Tages die Abwesenheit seiner Eltern nutzte und seine Frau erwürgte. Danach meldete er die Tat der Polizei, die daraufhin in die Wohnung kam, um eine Autopsie an der Leiche vornehmen zu lassen. Einige ihrer inneren Organe wurden entnommen, wobei hellrotes Blut herausfloss. Eine Person des Polizeireviers in Dingzhou sagte: „Es war keine Autopsie an einer Toten sondern an einer Lebendigen.“

Im Wanjia Arbeitslager der Provinz Heilongjiang wurden einer im sechsten bzw. siebten Monat schwangeren Frau die Hände mit einem Seil gefesselt, das dann über eine Rolle auf einem drei Meter hohen Deckenbalken geführt wurde. Mit diesem Seil zogen die Polizisten die Schwangere zuerst hoch, bis ihre Füße nicht mehr den Boden berühren konnten, nur um das Seil plötzlich wieder loszulassen, damit sie hart zu Boden fiel. Auf diese Weise wurde die Frau nicht nur unter unbeschreiblichen Schmerzen bis zur Fehlgeburt gequält, sondern die Polizei zwang noch ihren Ehemann dabei zuzuschauen.

Diese dramatischen und schrecklichen Vorfälle sind den im heutigen modernen China verfolgten Falun Gong-Praktizierenden geschehen und stellen nur einen Bruchteil der unzähligen Fälle der seit fünf Jahren andauernden Verfolgung dar.

Seit der Reform und Öffnung im Jahre 1978 hat sich die KP Chinas vor der internationalen Gemeinschaft um ein positives und offenes Erscheinungsbild bemüht. Aber die Brutalität, die Irrationalität, das Ausmaß und die Grausamkeit der eingesetzten Mittel bei der seit Jahren andauernden Verfolgung von Falun Gong zeigt der internationalen Gemeinschaft ihr wahres Gesicht. Die Verfolgung von Falun Gong ist der größte Schandfleck der KPC bezüglich der Menschenrechte. Viele Menschen denken, dass das niedrige geistige Niveau der Polizei an den Menschenrechtsverletzungen schuld sei und dass die KP Chinas selbst Fortschritte gemacht hätte. Doch die von höchsten Ebenen bis nach unten systematisch durchorganisierte Verfolgung von Falun Gong, deren Spuren überall in China zu finden sind, hat diese Illusion vollständig beseitigt. Viele Menschen machen sich Gedanken, warum diese brutale und absurde Verfolgung in China geschehen kann; warum die Menschen, gerade einmal zwanzig Jahre nach dem Ende der Kulturrevolution, nachdem das Chaos beseitigt und die Ordnung wiederhergestellt wurde, heute wieder in einen Teufelskreis geraten; warum Falun Gong, dessen Prinzipien Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht sind und das in mehr als 60 Ländern verbreitet ist, nur in China verfolgt wird, und in welcher Beziehung Jiang Zemin und die KP Chinas hinsichtlich dieser Verfolgung zueinander stehen.

Jiang Zemin verfügt weder über besondere Fähigkeiten noch ist er ein edler Mensch. Wenn ihn die KP Chinas – eine präzise funktionierende Gewaltmaschinerie, die auf Mord und Lüge basiert – nicht unterstützt hätte, wäre er kaum in der Lage gewesen, diesen Völkermord durchzusetzen, von dem nicht nur China sondern auch andere Länder betroffen sind. Andererseits, hätte es diesen Diktator Jiang Zemin, der niemals zuhört und nur seinen eigenen Willen kennt, nicht gegeben, hätte es die KP Chinas unter dem allgemeinen Klima der Öffnung und der Anpassung an die moderne Welt nicht erreichen können, der historischen Strömung auf diese Weise entgegen zu wirken. Gerade weil Jiang Zemin und die KPC miteinander in Resonanz schwingen, - sowie der Ruf eines Bergsteigers den Schnee zum Schwingen bringt und zur Lawine führt- haben sie sich wechselseitig benutzt, um diese bösartige Verfolgung so vollständig zu entfalten.

Donnerstag, 20. Oktober 2005

Der gelbe Ball

00ten01

. . . im braunen Sand
er flog behende
von der Hand
auf den Boden
auf das Gespann
von Saiten
aus Darm
es war warm
auf dem Platz
und Carlos
spielte mir
den Ball so
schön zu, dass ich
nicht weit rennen musste
die Sonne brannte
auf das Feld
wir nützten die Stunde
wie nie zuvor
es ist ein Luxus
nur ein paar mal spielen zu gehen
derweil der Betrag
in keinem Verhältnis ist
für die wenigen male
wo wir spielten
aber es machte uns Freude

Donnerstag, 29. September 2005

Schriftsteller Georg Orwell

"Der große Bruder sieht Dich an!"
"Big Brother Is Watching You!"

orwell


Georg Orwell, geboren 1903 in Motihari (Indien), gestorben 1950, verdingte sich zunächst bei der indischen Polizei in Birma, gab den Dienst aber 1927 aus Protest gegen die britischen Kolonialherren auf. Er schlug sich dann als Tellerwäscher, Vagabund und Lehrer durch, bis er im spanischem Bürgerkrieg auf der Seite der Republikaner erneut zu den Waffen griff. Der internationale literarische Durchbruch gelang im mit seinem Welterfolgen Animal Farm und 1984.

Orwells 1984 ist längst zu einer scheinbar nicht mehr erklärungsbedürftigen Metapher für totalitäre Verhältnisse geworden. Sein literarischer Erfolg verdankt sich einem beklemmenden Wirklichkeitsbezug, dem auch der Leser von heute sich nicht entziehen kann.

Kurzbiographie

* geboren am 25. Juni 1903 als Eric Arthur Blair in Motihari, Bengalien/Indien
* ab 1911 Internat in Eastborn (Privatschule)
* 1917 bis 1922: Besuch der Eliteschule Eton
* 1922: Ausbildung beim britischen Kolonialdienst zum Polizeioffizier
* bis 1927 Tätigkeit in der Indian Imperial Police in Burma, dann quittierte er
den Dienst aus Protest gegen deren Methoden
* 1933: "Down and Out in Paris und London" erscheint als 1. Buch
* Leben als "Underdog": Tellerwäscher, Buchhandelsgehilfe, Lehrer und
Journalist in London und Paris
* 1936: Orwell kämpft in einer marxistischen Gruppe der Internationalen
Brigaden im spanischen Bürgerkrieg
* 1936: Heirat mit Eileen O'Shaughnessy (starb 1945)
* im 2. Weltkrieg diente er in England und arbeitete für die BBC
* 1943: "Animal Farm" wird geschrieben, erscheint aber erst 1945
* 1949: "Nineteen Eighty-Four" erscheint
* 1949: Eheschließung mit Sonia Mary Brownell
* gestorben am 21. Januar 1950 an Tuberkulose in London

Das Buch 1984 und das Theaterstück

1. Gedankenverbrechen
2. Der letzte Mensch

Im Jahre 1949 erschien George Orwells letzter Roman. Er zeigt eine fiktive Welt des Jahres 1984: Es herrschen drei Supermächte, Ozeanien, Eurasien und Ostasien. Nach außen führen sie einen Scheinkrieg gegeneinander, nach innen unterdrücken sie ihre Völker. In London, der Hauptstadt Ozeaniens, herrscht eine Partei-Oligarchie, unterteilt in den „inneren“ und den „äußeren“ Bereich, optisch an den schwarzen oder blauen Overalls zu unterscheiden. Von allen Wänden starrt das Bild des „Großen Bruders“, eines fiktiven Parteiführers, dessen allgegenwärtige Präsenz den Alltag von Ozeanien bestimmt. Selbst die Gedanken der Staatsbürger werden von einer Gedankenpolizei überwacht. Winston Smith, der mit vielen anderen Mitgliedern der „äußeren“ Partei im „Wahrheitsministerium“ an der systematischen Verfälschung der Geschichte arbeitet, lehnt sich innerlich gegen das autoritäre System auf. Er flieht in die Erinnerung, aber die bereits verfälschte historische Wirklichkeit lässt keine klaren Erinnerungsbilder mehr aufscheinen.

Freitag, 23. September 2005

Liebe

Die grösste Liebe beweist jemand, der sein Leben für seine Freunde hingibt (Johannes 15,13).

Der Geist, der allen Dingen Leben verleiht, ist die Liebe (Tschu-Li).

Die Liebe allein versteht das Geheimnis, andere zu beschenken und dabei selbst reich zu werden Clemens von Brentano).

Die grosse Liebe erkennt man nicht an ihrer Stärke, sondern an ihrer Dauer (Robert Poulet).

Liebe ist ein Überfluss an Kraft, die den erfüllt, der nicht an sich selbst denkt (Dag Hammerskjöld).

Die wirkliche Liebe beginnt, wo keine Gegenliebe mehr erwartet wird (Antoine de Saint-Exupéry).

Wo Liebe rechnet, da wird sie arm (William Shakespeare).

Zur Liebe gehört immer, dass sie einen Menschen da aufsucht, wo er ist, und nicht dort, wo man ihn schon haben möchte (Adolf Köberle).

Die grösste Vergeudung unseres Lebens besteht in der Liebe, die nicht gegeben wurde (Elsa Brandström).

Ein Tröpfchen Liebe ist mehr wert als ein ganzer Sack voll Gold (Friedrich von Bodelschwingh).

In der Liebe ist keine Angst. Liebe vertreibt alle Angst (unbekannt).

Angst ist die Wurzel aller Sünde. Liebe vertreibt die Angst (William Graham Cole).

Der Schnee schmilzt im Frühling. Er kann die Sonnenstrahlen nicht zerstören. Genausowenig kann das Böse die Liebe zerstören. Es wird zerstört werden (Richard Wurmbrand).

Allesia Olivone

SchwarzwiedieNacht

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