Samstag, 15. April 2006

Inna Chodorkwskaja aus Russland

Iinnachodorkovskaja
Inna Chodorkovskaja (Frau von Chodorkovsky)
nterview: Daniel Brössler, Foto: Thomas Dworzak

SZ-Magazin: Frau Chodorkowskaja, wann haben Sie Ihren Mann zuletzt gesehen?
Inna Chodorkowskaja: Das war am 25. Oktober 2005. Ich hatte die erste Besuchsgenehmigung für das Gefängnis von Krasnokamensk. Ich weiß nicht, warum sich das so gefügt hat, aber das war genau zwei Jahre nach seiner Verhaftung am 25. Oktober 2003.

Krasnokamensk liegt im Osten Sibiriens, an der chinesischen Grenze. Welchen Eindruck hat es auf Sie gemacht?
Es sieht aus wie eine Plattenbausiedlung in Moskau. Das kam mir vertraut vor. Ich habe Jahrzehnte in so einer Schlafstadt gewohnt.

Sie durften mit Ihrem Mann drei Tage verbringen. War es nicht eigenartig, mit ihm im Gefängnis zusammen zu sein?
Natürlich war es das, sehr eigenartig sogar. Jeder Schritt war merkwürdig und ungewohnt. Streng genommen war das aber nicht im Gefängnis, sondern auf einer Art neutralem Territorium. Ich war nicht im Gefängnis und er nicht in Freiheit. Das war die Linie, die uns trennte – dieses Gefühl, dass du nirgendwo bist. Nicht hier, nicht dort.

Wie hat dieser Ort ausgesehen?
Wie ein Wohnheim. Ich war nie in einem Studentenwohnheim, aber so stelle ich es mir vor: ein langer Gang, rechts und links neun Zimmer, und Küche und Bad gemeinsam. Alles sah genau so aus wie zu sowjetischer Zeit. Nichts hat sich verändert.

Haben Sie an Ihrem Mann neue Seiten entdeckt?
Es ist unglaublich, wie er sich unter diesen Bedingungen hält. Aber diese Stärke hatte er wohl immer. Er ist ein sehr stabiler Mensch mit festgefügten Positionen. Deshalb ist auch er selbst nicht umzustoßen. Im zivilen Leben war es ja nicht anders. An ihm kamst du nicht vorbei. Nun geschieht dort im Gefängnis das Gleiche. Als seine Frau wusste ich immer, dass er ein starker Mensch ist. Er ist keiner, der zweifelt, fragt, um Rat bittet.

So war er schon, als Sie ihn Mitte der achtziger Jahre kennen lernten?
Wir arbeiteten im gleichen Unternehmen. Er ist schon damals an alles sehr ernsthaft herangegangen, nie oberflächlich. Und er hat immer geführt. Er war ein Führer.

Er ist Ihnen also gleich aufgefallen?
Das ging schrittweise. Es war nicht so, dass ich gesagt hätte: Das ist nun der Mann meines Lebens. Uns hat damals die Arbeit im Kommunistischen Jugendverband Komsomol verbunden. Über die Arbeit kamen wir uns näher. Mischa war immer sehr direkt, hat mit seinen Absichten nicht hinterm Berg gehalten. Ich wusste also schnell, woran ich war.

Was wissen Sie heute über das Leben, den Alltag Ihres Mannes?
Nicht mehr, als alle wissen. Ich weiß, dass er arbeiten muss, dass er aber auch an die frische Luft kommt. Es ist kalt dort, aber sonnig.

Ihr Mann muss als Näher arbeiten. Soll er erniedrigt werden?
Er soll abstumpfen. Es ist eine mechanische Arbeit, wie am Fließband. Dabei ist er gewohnt, mit dem Kopf zu arbeiten. Aber sie werden keinen Erfolg haben. Mischa ist ein starker Mensch und versteht, was sie mit ihm machen und was sie erreichen wollen. Sie wollen ihn zu einer Marionette degradieren. Das versteht er und das ist gut so.

Worunter leidet Ihr Mann in der Haft am meisten?
Am Mangel an Informationen. Ab Januar wurde ihm gestattet, die Moskauer Zeitungen und Magazine zu abonnieren, doch sie sind bisher nur ein einziges Mal angekommen. Das ist schlimm für ihn.

Ihr Mann hat Sie die Frau eines Dekabristen genannt. Das waren jene Frauen, die im 19. Jahrhundert ihren vom Zaren verbannten Männern nach Sibirien gefolgt sind. Wollten Sie wirklich diese Rolle spielen?
Nein, das wollte ich nicht. Ich wollte die Frau meines Mannes sein. Das ist alles. Aber die Lage lässt mir keine Wahl. Ich bin mit dieser Lage allein. Wer will, kann mir ein Etikett aufkleben, aber darauf kommt es nicht an.

Können Sie diese Lage beschreiben?
Unser Alltag dreht sich um Gefängnisangelegenheiten. Es ist ein Leben im Wartestand. Du kannst die Gedanken daran nicht abschalten. Sie sind den ganzen Tag da. Kann man das ein vollwertiges Leben nennen? Wohl kaum.

Was kommt Ihnen heute wirklicher vor – dieses Leben als Ehefrau eines Häftlings oder das Leben als Frau des reichsten Mannes Russlands?
Beide sind real. Dieses Leben und das andere. Ich nehme dieses Leben an. Das heißt aber nicht, dass ich mich damit abfinde. Das heißt nicht, dass ich den Kampf aufgebe.

Freitag, 14. April 2006

Putin Sagt: "Die Zeit, da er Befehle gab, sei vorbei."

Wo Putins Stachel sitzt

Von Jens Hartmann

Geld ist Macht – und irgendwann wurde Michail Chodorkowski zu reich für den russischen Präsidenten. Aber auch im sibirischen Straflager JaG 14/10 plant


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das Ex-Wunderkind der Ölindustrie einen anderen Staat.


Was nähmen Sie auf eine einsame Insel mit? Für Inna Chodorkowskaja ist diese Frage, die gewöhnlich Prominenten in Zeitschriften gestellt wird, keine hypothetische Spielerei, sondern eine konkrete Aufgabenstellung. Sie hat sich für einen elektrischen Haarschneider, ein Taschenradio, eine Pelzmütze, die die Ohren auch bei minus 40 Grad und eisigem Steppenwind warm hält, die neuesten Moskauer Zeitschriften und Fotos ihrer Tochter Anastasija und der Zwillingssöhne Gleb und Ilja entschieden. In die grosse Plastiktasche packt sie zudem eine Dose Kaffee, Kartoffeln, Tomaten, Mohrrüben – 20 Kilo, das Maximum, das Inna Chodorkowskaja laut Gesetz ins Straflager JaG 14/10 mitnehmen darf.

In russischen Lagern und Untersuchungsgefängnissen sitzen 910000 Menschen ein. Nirgendwo auf der Welt gibt es mehr Gefangene pro Einwohner als in Russland.

Innas Mann Michail Chodorkowski ist Russlands Gefangener Nummer eins. Der vom Wirtschaftsmagazin Forbes im Jahr 2003 auf ein Privatvermögen von 15 Milliarden Dollar taxierte reichste Russe ist wegen Steuerhinterziehung und Betrug zu acht Jahren Straflager verurteilt worden. Ins tiefste Sibirien hat man ihn deportiert: Lager JaG 14/10 in Krasnokamensk, einer Stadt im Länderdreieck Russland-China-Mongolei, 6500 Kilometer von Moskau entfernt.

Michail Chodorkowski galt jahrelang als Wunderkind der neuen russischen Wirtschaft. Der Ölbaron baute den grössten russischen Erdölkonzern Yukos auf, der in besten Zeiten eine Marktkapitalisierung von 40 Milliarden Dollar hatte. Mit seinem Reichtum wurde er für Staatspräsident Wladimir Putin zur Gefahr. Ein unabhängiger Geist mit Hang zur Vermessenheit, unberechenbar, liberal, voller Ambitionen.

Die russische Justiz zertrümmerte nicht nur Yukos – die Hauptaktiva sind heute verstaatlicht. Sie befand auch Chodorkowski für schuldig, Kopf einer kriminellen Vereinigung zu sein. Er habe illegale Steuerschlupflöcher genutzt und den russischen Staat um mehrere Milliarden Dollar geprellt, hiess es in der Urteilsbegründung.

Vom «Apfelgarten» ans Ende der Welt

Westliche Beobachter werteten das Verfahren gegen Chodorkowski als Justizposse, schliesslich nutzten alle russischen Unternehmer ähnliche Steuertricks, aber nur er wurde verurteilt. Der Europarat kritisierte den Prozess als politisch motiviert, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg ist mit dem Fall befasst.

Vielen gilt der ehemalige Ölbaron, der Präsident Wladimir Putin die Stirn bot, als politischer Gefangener. Manche vergleichen ihn mit Andrei Sacharow, dem grossen russischen Menschenrechtler, der von den Sowjets in die Verbannung nach Gorki geschickt wurde und zum Gewissen einer Nation wurde.

Der frühere Unternehmer Chodorkowski ist ein Oppositioneller, den Umfragen zufolge immerhin sieben Prozent zum Präsidenten wählen würden. Das ist nicht wenig für einen, dessen Stimme in den staatlich kontrollierten Medien kein Gehör findet.

Inna Chodorkowskaja, die Frau des Oligarchen, hat ihre Kinder zurückgelassen in ihrem Landhaus. «Jablonewi Sad» – «Apfelgarten» – heisst die Siedlung an der Rublowo-Uspensker Chaussee, der Milliardärsstrasse vor den Toren Moskaus, wo die Chodorkowskis wohnen. Im «Apfelgarten» haben die Eigner des einstmals grössten russischen Erdölkonzerns Yukos ihre Domizile. Es ist eine unheimliche Stille eingekehrt dort, seitdem zwei der Hausherren im Lager sitzen und drei vor der russischen Justiz ins Ausland flohen. Yukos, vor drei Jahren noch 40 Milliarden Dollar an der Börse wert, ist heute teilverstaatlicht. Gläubiger haben den Konkursantrag für Yukos gestellt.

Inna Chodorkowskaja führt ein Leben im Wartestand, ein Leben, das Markierungen erhält durch die Besuche im Lager viermal im Jahr und die gelegentliche Post. Das Treffen mit ihrem Mann, den sie zuletzt im Oktober sah, ist seit einem Monat überfällig. Die Besuchszimmer im Lager würden renoviert, sie müsse sich gedulden, heisst es immer wieder. Nun hat sie die Genehmigung der Strafvollzugsbehörde für die Reise ans Ende der Welt erhalten.

25. Oktober 2003, fünf Uhr früh

Die 36-Jährige fliegt, zusammen mit ihrer Schwiegermutter Marina Chodorkowskaja, einer 71 Jahre alten, willensstarken Frau, Anwalt Anton Drel und Bodyguards, im gecharterten Jet sieben Stunden von Moskau ins ostsibirische Chita. Hinter dem Ural kann sie vom Flugzeugfenster aus die Ölfelder am Strom Ob erahnen, die ihren Mann zum Multimilliardär machten. Zwischenlandung in Nowosibirsk. Tankstopp. Ausgerechnet Nowosibirsk. Ausgerechnet fünf Uhr früh. Auf ebendiesem Flughafen wurde zu ebendieser Uhrzeit Michail Chodorkowski vor zweieinhalb Jahren verhaftet. Eine Sondereinheit des Inlandgeheimdienstes FSB stürmte sein Charterflugzeug und brachte ihn in Handschellen nach Moskau.

«Wie ein Unfall» sei ihr dieser 25. Oktober 2003 vorgekommen, erzählt Inna Chodorkowskaja. Ein Jahr habe sie gebraucht, um sich von diesen «inneren Verletzungen» zu erholen, sich wieder aufzurappeln. Während des Prozesses fuhr sie Nacht für Nacht um den Gartenring herum, stundenlang, um zur Ruhe zu kommen. Sie müsse stark sein, alleine um der Kinder willen, habe sie sich gesagt. Diesen sagte sie sofort, dass der Vater eingesperrt wurde. «Seitdem bin ich Papa und Mama in einem.»

Weiterflug nach Osten, bis nach Chita hinter den Baikalsee. Das Flughafengebäude, erbaut im Stalin-Barock mit Säulen, goldenen Figuren der Arbeiter und Kolchosebauern im Foyer, erinnert an Zeiten, als mehr als zehn Millionen Menschen im Gulag, dem sowjetischen Straflager, einsassen. Zehn Stunden später fährt der Zug ab, Richtung Südosten, 15 Stunden bis nach Krasnokamensk.

Sibirien ist Russlands Schatzkammer: Öl, Gas, Diamanten, Uran. Schon der Zar schickte seine Gegner in die Bleibergwerke und Silberminen bei Chita. Die Fürstin Maria Wolkonskaja war gerade 21 Jahre alt, als sie im Dezember 1826 Familie und Palast in Sankt Petersburg verliess und in der Kutsche ihrem Mann Sergei in die Verbannung nachfolgte.

Fürst Sergei Wolkonski hatte, wie zahlreiche Adlige, die in Eliteregimentern dienten, aus Protest gegen das absolutistische Regime den Eid auf den neuen Zaren Nikolaus I. verweigert. Er gehörte damit zu den «Dekabristen», benannt nach dem Aufstand am 14. Dezember (auf Russisch: dekabr) 1825. Die Dekabristen und ihre Frauen, die ihnen in die Verbannung folgten, werden bis heute in Russland als mutige Menschen verehrt, die der Obrigkeit trotzten. Maria Wolkonskaja gilt vielen als «Prinzessin von Sibirien». Chodorkowski bezeichnet seine Frau Inna nun auch als die «Frau eines Dekabristen».

Immer wieder stoppt die Eisenbahn und macht Güterzügen Platz, die Holzstämme nach China transportieren. Vorbei rattert auch ein Zug mit Ölzisternen. «Yukos» steht immer noch auf den Bordwänden geschrieben. Ölexporte nach China brachten dem Konzern Milliarden ein. Die Strecke führt vorbei an verlassenen Kasernen und Überresten von Panzern, die die russische Armee an der Grenze zu China zurückliess, an Holzdörfern ohne Wasser und Strom, vor denen zerlumpte Kinder spielen.

Bratkartoffeln für den Oligarchen

Krasnokamensk: Die Familie Chodorkowski mietet inzwischen für die Lagerbesuche in einem Plattenbau in der Stadt mit ihren 57000 Einwohnern eine Wohnung an. Die Schwiegermutter, die Inna begleitet, ist in aller Herrgottsfrühe aufgestanden, hat Fisch- und Fleischkoteletts gebraten, einen Salat gemischt, Schnitzel und Kartoffeln in Folie gewickelt. Verpflegung für 72 Stunden. So lange darf Inna Chodorkowskaja ihren Mann jeweils sehen.

Vor dem Zaun des «Straf- und Besserungslagers des allgemeinen Regimes», wie das Lager, wo Chodorkowski einsitzt, offiziell heisst, stapelt sich Schrott. Die Wachtürme ähneln windschiefen Kommandobrücken von Seelenverkäufern, gestrandet in der Steppe. Chodorkowskaja, eine attraktive junge Frau, die ihre blonden Haare nach hinten gebunden hat, trägt eine dunkle Sonnenbrille, Pelz und schwarze Fellschuhe. Würde sie nicht billige chinesische Plastiktaschen aus dem Toyota Landcruiser ausladen und wäre nicht der Schlagbaum, man könnte sie beim Après-Ski in Davos wähnen.

Eine Eisentür, ein langer Korridor, eine zweite Eisentür. Wärter helfen ihr, die Taschen zu tragen. Sie fühle sich wie «in einer neutralen Zone, die an der Grenze zwischen Freiheit und Gefangensein verläuft», erzählt Inna Chodorkowskaja über das Wohnheim am Lagerzaun, in dem sie ihren Mann sehen darf. Leibesvisitation, nicht aufdringlich, alles korrekt, im Rahmen der Vorschriften, dann ein Korridor mit neun Türen. Hinter ihrer Tür zwei kleine Zimmer. Ein Tisch, zwei Sessel, ein Doppelbett, ein Nachtschrank. Eine Dusche, die nicht funktioniert, und eine Toilette am Ende des Gangs. Eine Gemeinschaftsküche mit zwei Herdplatten. Inna gibt ihre Medikamente bei der Wache ab. Die Schwiegermutter, die sie die ersten Stunden begleitet, darf ihre Beruhigungsmittel behalten.

Eine Viertelstunde später wird Michail Chodorkowski hereingeführt. Er trägt eine schwarze Baumwollhose, einen Rollkragenpullover, eine Weste und Turnschuhe, die Haare kurz geschoren, eine randlose Brille.

Die drei gehen davon aus, dass ihre Gespräche mit versteckten Kameras und Mikrofonen aufgezeichnet werden.

Schwiegermutter Marina verlässt nach vier Stunden das Wohnheim, «um die beiden alleine zu lassen». Zu dritt haben sie Bratkartoffeln gebrutzelt, das Lieblingsessen des Oligarchen. «Er sieht gut aus. In den vergangenen vier Monaten ist sein Haar jedoch grauer geworden», wird sie später, wieder in Freiheit, auf einer improvisierten Pressekonferenz sagen. Ihm setze die Isolation zu, ihm fehle der intellektuelle Schlagabtausch, der Dialog mit der Aussenwelt. «Er wartet auf seine Freilassung.»

Der Lageralltag ist straff gegliedert:

06.00 Uhr Aufstehen

06.30 Uhr Frühstück

07.00 Uhr Zählappell, dann Arbeit in der Lagernäherei als Packer

13.00 Uhr Mittagessen

14.00 Uhr Zählappell, dann Arbeit in der Lagernäherei

18.00 Uhr Ende des Arbeitstags, Zählappell, Abendessen

19.00 Uhr Freizeit, Fernsehen, Lesen oder Sport

22.00 Uhr Nachtruhe

Lager

«Schlechte Menschen habe ich hier nicht getroffen», sagt Chodorkowski. Die rund 1000 Mann hinter dem Lagerzaun sind im Durchschnitt 24 Jahre alt. Die meisten sitzen wegen Diebstahl, stammen aus den Dörfern rund um Krasnokamensk. Einen Sack Mehl gestohlen, einen Sack Zucker, das reicht in Russland für vier Jahre. Inna erzählt, wie sie ihn beobachten, wenn er isst, wenn er geht und sich bewegt, wenn er Sport treibt und liest. Er werde noch immer wie ein «Ausserirdischer» beäugt, habe sich aber inzwischen daran gewöhnt. Sie nennen Chodorkowski, nach seinem Vatersnamen, «Borisowitsch». Das klingt in der «Zone» wie ein Ehrentitel. Die Kontrolle ist verschärft worden, seitdem der prominente Häftling überstellt wurde. Mehrere Wärter wurden entlassen, weil sie Paparazzi-Fotos von Chodorkowski an Zeitungen verkauften. Razzien in den Schlafsälen finden häufiger als früher statt. Hochrangige Beamte aus Moskau, auch Mitarbeiter des Geheimdienstes, sind Dauergäste in Krasnokamensk.
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Der Boden ist zu verseucht, um Kühe weiden zu lassen: Lagerstadt Krasnokamensk, unzungenbrecherisch auch «Tal des Teufels» genannt. Bild: Sergey Maximishin

Chodorkowski ist der Einzige in der «Zone» mit zwei Hochschulabschlüssen, in Chemie und Betriebswirtschaft. Er würde gerne seine Mitgefangenen unterrichten, in Chemie, Physik, Mathematik, oder Kurse halten über die Grundlagen des Unternehmertums. Er würde auch gerne wissenschaftlich arbeiten, eine Doktorarbeit über «Die Kolonisierung des fernen Ostens Russlands durch China» schreiben. Die Lagerleitung hat ihm das untersagt. Auch sein Antrag auf einen Computer wurde abgelehnt. Die Nutzung von «Bürotechnik zur Vervielfältigung und Kopie von Dokumenten», darunter fällt ein Computer, ist verboten.

Seine Vision von «Russland 2020»

170 Zeitschriften und Zeitungen hat Chodorkowski abonniert. Die Periodika werden ihm jedoch nur unregelmässig zugestellt. Nur jeder zweite Brief, erzählt Inna, erreiche ihn. Selbst den Brief der Tochter, den sie bei sich hat, liest erst der Lagerzensor. Chodorkowskis Anwälte müssen sich für die Besuche bei ihm philosophisch und staatstheoretisch rüsten. Dieses Mal hat Advokat Anton Drel, der Inna nach Krasnokamensk begleitet, auf Wunsch des Gefangenen Nummer eins Alexis de Tocqueville und Francis Fukuyama gelesen.

Chodorkowski schreibt gegen die erzwungene Untätigkeit an, entwirft in einem Notizheft Ideen. Er will seine Gedanken im stumpfen Lageralltag schärfen, will die innere Freiheit bewahren. «Seine Physis hat sich an den Lageralltag gewöhnt, seine Psyche tut sich noch schwer damit», sagt Inna. Ein Team von PR-Managern betreut seine Website www.khodorkovsky.ru, auf der selbst die Wettervorhersage für Krasnokamensk zu finden ist.

Wenn es ihm gelingt, die Lagerzensur zu überwinden, meldet sich Chodorkowski mit Streitschriften zu Wort. Sie sind nachzulesen in oppositionellen Zeitungen oder im Internet. Darin entwirft er seine Vision von «Russland 2020».

Russland 2020, das ist ein föderaler Staat, eine präsidialparlamentarische Republik, in der freie Wahlen stattfinden. Der Präsident ist für die Sicherheitspolitik zuständig, die Regierung, die nicht dem Präsidenten, sondern dem Parlament rechenschaftspflichtig ist, für die Wirtschafts- und Sozialpolitik. Russland 2020 ist ein liberales Land, in dem Menschenrechte geachtet werden. Es ist nicht mehr alleine von Rohstoffen, von Öl und Gas, abhängig, sondern von seinem intellektuellen Potenzial. Eine Bildungsoffensive soll das Land nach vorne bringen. Das klingt wie ein Wahlprogramm.

Die neue Freiheit: Schnürsenkel

Dem Putinschen Regime stellt der Oppositionelle Chodorkowski ein schlechtes Zeugnis aus. «Die Regierung denkt heute nur an eines, nämlich wie sie sich weiterhin auf Kosten dieses ertragreichen Landes bereichern kann, ohne jemals für irgendetwas geradestehen zu müssen [...]. Ohne eine Veränderung des heutigen russischen Staatsmodells wird kein bedeutender Fortschritt möglich sein. Vom Militär über die Eisenbahn und den Feiertagskalender bis hin zum Strafrecht hängt heute alles von den Vorlieben, Gemütszuständen, Komplexen und Launen eines einzigen Mannes ab [...]. Wenn wir uns dieser Situation nicht entledigen, bewegt sich das Land unweigerlich weiter auf den Niedergang zu.» Seine Artikel unterschreibt der Häftling mit «Michail Chodorkowski, Privatperson, JaG 14/10».

Acht Anwälte sind ihm zu Diensten. Natalja Terechowa besucht ihn, der seit Mitte Oktober in der Steppenstadt einsitzt, zwei- bis drei- mal pro Woche. Die Anwältin aus Krasnokamensk kann sich mit ihrem Mandanten bloss durch ein engmaschiges Gitternetz unterhalten. Sie beschreibt ihn als «kraftvollen Typen, der weiss, was er will». Er habe sich inzwischen an die Verhältnisse hinter Stacheldraht gewöhnt. «Anders als in der Untersuchungshaft darf er Nadel und Faden haben, seinen Gürtel tragen und Schnürsenkel», zählt sie die neuen Freiheiten auf. Die Arbeit in der Näherei bringe ihm weniger als 100 Rubel (2.80 Euro) pro Monat ein. Mit 60 bis 80 Insassen lebe er in Baracke Nummer 8. Ein Schlafsaal für alle.

Michail Chodorkowski sass kürzlich fünf Tage im Karzer, weil Wärter in seinem Nachtschrank ein offizielles Papier des Justizministeriums fanden, auf dem die Rechte und Pflichten eines Gefangenen notiert sind. Seine Juristen fechten solche disziplinarischen Massnahmen vor Gericht an. Schliesslich kann ihr Mandant nur «bei guter Führung und einer erkennbaren Bereitschaft, sich zu bessern und sich umerziehen zu lassen», auf eine vorzeitige Haftentlassung hoffen.

Sein Schicksal interessiert kaum (I)

Eine solche wäre frühestens im Oktober 2007 möglich, nach Verbüssung der Hälfte der Haftzeit (die Untersuchungshaft eingerechnet). Davor noch könnte Michail Chodorkowski Freigänger werden, also ausserhalb des Lagerzauns leben.

Anwältin Terechowa erzählt, dass sich Chodorkowski oft nach dem Leben draussen in Krasnokamensk erkundige. In der Steppe steigen im Sommer die Temperaturen auf 40 Grad plus, im Winter fallen sie auf 40 Grad minus. Viehhirten nannten die Ebene, in der ein unerbittlicher Wind winters die Schneekristalle und sommers den Sand aus den goldgelben Gräsern kämmt, «Tal des Todes» oder «Tal des Teufels». Keiner liess dort seine Kühe und Pferde weiden. Der Boden ist mit Uranerz durchsetzt. Russlands grösste Uranvorkommen finden sich hier. Ohne Uran gäbe es Krasnokamensk nicht. Die Stadt ist jung, wurde 1968 gegründet. Das radioaktive, stahlgraue Schwermetall ist Fluch und Segen zugleich für die Stadt: Es ruiniert die Gesundheit und sichert Arbeit.

Die Einwohner, die in fünfstöckigen Plattenbauten leben, sind dennoch stolz auf Krasnokamensk, das ein Atomsymbol im Stadtwappen trägt. Die Frauen üben abends in Tanzkursen Tango- und Salsaschritte, die Kinder lernen Karate, die Honoratioren der Stadt treffen sich jeden Freitag in der Banja, im Dampfbad, und die Banditen zum Billard im «Bergarbeiter». «Kaufe Haare. Zahle gut», steht an Plakatwänden.

Krasnokamensk war lange eine geschlossene Stadt, die auf keiner Landkarte zu finden war – in der Steppe schürften Bergarbeiter das Uran für sowjetische Atomsprengköpfe. Der Geheimhaltung ist auch geschuldet, dass es keine Strassennamen gibt. Die Einwohnerzahl ist seit 1992 um 16000 oder um mehr als 20 Prozent gesunken.

Damals, die Abrüstung war in vollem Gange, Sprengköpfe wurden verschrottet, gab es keine Arbeit in den Minen mehr. Heute ist Uran wieder gefragt. Im Kombinat stehen 12000 Menschen in Lohn und Brot.

Jeder kennt hier Michail Chodorkowski. Dass seine Familie zu Besuch ist, hat sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen. «Die haben nun die Lebensmittelration im Lager erhöht», will eine Grossmutter auf dem Markt erfahren haben. In der Stadt am Ende der Welt ist Chodorkowski weder Volksheld noch Volksfeind, sein Schicksal weckt keine besondere Anteilnahme. «Er hat gegen Putin aufbegehrt. Dafür sitzt er nun ein», sagt ein örtlicher Unternehmer.

Sein Schicksal interessiert kaum (II)

Im Besuchsraum von Lager JaG 14/10 ist die Visite zu Ende. «Wir sind zusammen. Wir sind wieder zusammen», habe ihr Mann zum Abschied gesagt, meint Inna Chodorkowskaja. Ob sie sich vorstellen könnte, wie dereinst die Frauen der Dekabristen, nach Ostsibirien zu ziehen? «Das würde nur Sinn machen, wenn Mischa Freigänger wäre. Wir müssen abwarten.»

Chodorkowskis Anwälte haben beantragt, ihren Mandanten in eine Strafkolonie, die näher bei Moskau liegt, zu versetzen. Das Justizministerium hat abgelehnt. In keinem der 249 russischen Lager sei ein Platz frei, heisst es. Präsident Wladimir Putin sagte kürzlich, er wisse nicht einmal, wo Chodorkowski einsitze. Der Ölbaron müsse lernen, sich unterzuordnen. Die Zeit, da er Befehle gab, sei vorbei.

Nun bin ich schon langsam müde . . .

4512016

. . . lege mich etwas und träume vor mich hin . . .

Endlich ein paar Tage frei . . .

ich bin ja sooo froh für die Inseltage an Ostern. Mal etwas entspannen vom Geschäft, von der Hektik, vom Geldverdienen etc.
Mein Geliebter ist in den Tessin gefahren.
Nun geniesse ich das Schreiben, das Alleinsein und die Unabhängigkeit, welche mir dadurch entsteht.

Nun kann ich den Tag so einteilen, wie es mir gefällt.

Kann besuchen wen ich will, Essen wann ich will und ausgehen wohin ich will.

Paradiesische Zeiten sind angebrochen.

Kann wieder mal bloggen, nach langer Zeit!!

Sonntag, 2. April 2006

Iran und der Atomkonflikt

Atomkonflikt

Geheimdienste warnen vor iranischem Terror-Krieg

Hinter verschlossenen Türen diskutieren Sicherheitsexperten der US-Geheimdienste intensiv die Folgen eines Militärschlags gegen Iran. Als sicher gilt ihnen: Von Teheran gesteuerte Terrorgruppen würden weltweit mit gezielten Anschlägen zurückschlagen - auch in Europa.

Washington - Das Szenario ist keineswegs beruhigend: Auch wenn Iran militärisch hoffnungslos unterlegen ist, würden die USA einen Krieg trotzdem nie gewinnen. Denn in den Diskussionen kristallisiere sich immer deutlicher die Einschätzung heraus, "dass iranische Agenten Zivilisten in den USA, Europa und anderswo ins Visier nehmen würden" sowie US-Ziele im Irak, berichtet die "Washington Post" unter Berufung auf namentlich nicht genannte Mitarbeiter des Geheimdienstes.

Ob und in welcher Form sich iranische Agenten und Terroristen bereits auf Aktionen vorbereiteten, darüber machten die Gesprächspartner der "Washington Post" keine Angaben. Sie wiesen aber darauf hin, dass die von Iran unterstützten Gruppen weit besser organisiert seien als die im Netzwerk von al-Qaida versammelten Terroristen zur Zeit der Anschläge auf das World Trade Center. Den Islamischen Dschihad etwa betrachte die iranische Regierung als staatliche Organisation, sagte Henry A. Crumpton, Koordinator der Terrorabwehr im US-Außenministerium, der Zeitung. Mitglieder dieser Gruppe seien praktisch jederzeit einsatzbereit.

Auch die von Iran unterstützte Hisbollah gilt unter Geheimdienstlern immer noch als brandgefährlich. Bis zu den Anschlägen am 11. September war der bewaffnete Arm der Organisation für mehr Morde verantwortlich als jede andere Terrorgruppe. Ihr werden die Anschläge auf die US-Marine 1983 in Beirut und 1996 in Saudi Arabien zugerechnet, bei denen allein insgesamt 260 Amerikaner ums Leben kamen.

Botschaftsangehörige als Terroristen

Auch die Mitglieder des iranischen Geheimdienstes waren in der Vergangenheit nicht zimperlich. Als Botschaftsmitglieder getarnt verübten sie weltweit Anschläge auf politische Abweichler und Dissidenten. Ermittlungsbehörden in Argentinien machen sie ebenso für den Bombenanschlag auf das Jüdische Zentrum in Buenos Aires verantwortlich, bei dem 86 Menschen ums Leben kamen. "Die Agenten sind sehr gut ausgebildet und verfügen über eine hervorragende Ausrüstung - und sie haben Jahrzehnte lange Erfahrung in diesen Dingen", sagte Crumpton der Zeitung. Er sehe keine Anzeichen dafür, dass sie davon in den letzten Jahren etwas verloren hätten.

Die USA und Europa wollen sicherstellen, dass Iran nicht in den Besitz von Atomwaffen kommt. Der UN-Sicherheitsrat hat die Islamische Republik in der vergangenen Woche aufgefordert, ihre Urananreicherung innerhalb von 30 Tagen auszusetzen und damit das Vertrauen für weitere Verhandlungen zu schaffen. Die USA haben wiederholt erklärt, dass die militärische Option nicht ausgeschlossen sei. In diesem Fall erwarten Experten gezielte Angriffe auf iranische Atomanlagen, um den Ausbau des Programms zu stoppen.

Gegenüber der "Washington Post" machte ein Gesprächspartner aber deutlich, dass die intensiven Diskussionen keine Rückschlüsse auf eine bevorstehende Entscheidung für einen Militärschlag zuließen. Sie spiegele eher das seit Jahrzehnten zerrüttete Verhältnis zwischen den USA und Iran wider und die Erfahrungen, die die Geheimdienste in dieser Zeit gesammelt hätten.

mik/reuters

Sonntag, 5. März 2006

Gesinnungswandel ist gekommen, etwas spät, aber doch nicht zu spät!

Schweizer Wirtschaft lehnt EU-Beitritt ab
AP
28.02.2006 11:12

Zürich - Für die Schweizer Wirtschaft ist ein Beitritt zur Europäischen Union (EU) keine Option. Dem mit dem Beitritt verbundenen Effizienzgewinn stünden zahlreiche institutionelle und wirtschaftspolitische Probleme gegenüber, teilte der Wirtschaftsdachverband economiesuisse am Dienstag mit.

Der Verband kommt in einem neuen Positionspapier zum Schluss, dass ein Beitritt der Schweiz zur EU kaum lösbare staatspolitische Auswirkungen hätte. Zudem würde er die Geld- und Währungspolitik negativ berühren und einen tief greifenden Umbau der Finanz- und Fiskalpolitik erforderlich machen, dessen Ausgang für die Wirtschaft zu ungewiss sei. Schließlich würde der Schweizer Arbeitsmarkt mit Auflagen belastet, die negativ für die Beschäftigung wären. Ähnliches gelte für die Sozialpolitik.

Economiesuisse will aus diesen Gründen am bilateralen Weg festhalten. Dieser sei zwar nicht einfach und könne störungsanfällig sein, er habe sich aber bewährt und sichere die Flexibilität für eine pragmatische Zusammenarbeit mit der EU. Über die Europapolitik hinaus fordert der Dachverband rasche und entschlossene multi- oder bilaterale Öffnungen weltweit. In der Schweiz müssten liberale Reformen zudem konsequent vorangetrieben werden.

Samstag, 25. Februar 2006

Vogel mit Virus Überlingen

Ente am Bodensee starb am gefährlichen H5N1/Asia

Die Vogelgrippe hat erstmals einen Zuchtbetrieb in der EU erreicht.

Wie denkst Du über die Vogelgrippe?

Danke für Deine geschätzte Antwort!

Gruss Allesia

Allesia Olivone

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